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Adidas

© dpa

Großes Geschäft: Die Milliardenspiele

Deutsche Marken wie VW und Adidas haben viel in die Olympischen Spiele investiert. Ihr Ziel: die Eroberung chinesischer Kunden.

Wenn Adidas-Vorstandschef Herbert Hainer an diesem Freitag als einer der letzten Fackelträger das olympische Feuer durch Peking trägt, geht für den begeisterten Hobbysportler nicht nur ein persönlicher Traum in Erfüllung. Auch als Manager dürfte ihn der Lauf durch Peking zufriedenstellen: Überall in der 17-Millionen-Menschen-Metropole hängt derzeit Werbung des fränkischen Sportartikelherstellers. Turmspringer Hu Jia, Fußballlegende Zheng Zhi und andere Sportstars lächeln von Postern und Großbildschirmen – mit der bisher größten Adidas-Kampagne in einem Land sollen die Chinesen für Adidas-Produkte begeistert werden.

Adidas ist offizieller Sportbekleidungslieferant und damit einer der Hauptsponsoren der Olympischen Spiele. Schätzungsweise 100 Millionen Dollar hat das Unternehmen aus Herzogenaurach dafür investiert, das „größte Engagement“ in der Firmengeschichte, wie es heißt.

Die wirtschaftlichen Erwartungen sind enorm, auch bei den anderen deutschen Sponsoren. Volkswagen ließ es sich nach Branchenschätzungen einen dreistelligen Millionenbetrag in Dollar kosten, um als offizieller „Transportausrüster“ der Spiele die Konkurrenten General Motors und Toyota auszustechen. In einer kleineren, aber dennoch beträchtlichen Höhe liegt das Investment der Deutsche-Bahn-Tochter Schenker – das Unternehmen ist unter anderem für den weltweiten Transport der Reitpferde für Olympia zuständig. Mercedes-Benz, der Energiekonzern Eon und die Sparkassen unterstützen als Sponsoren den Deutschen Olympischen Sportbund.

Auch wenn die Unternehmen ihr Sponsoring gerne als eine gute Tat für Olympia verkaufen, wird in Wirklichkeit knallhart gerechnet. Kaum ein Großereignis bringt einen so positiven Imagegewinn und erreicht so viele Menschen wie die Olympischen Spiele. Vier Milliarden Zuschauer werden die Wettkämpfe in Peking am Fernsehen verfolgen. Das Internationale Olympische Komitee (IOC), die mächtige Schaltzentrale und Eigentümer der olympischen Vermarktungsrechte, lässt sich das gut bezahlen: 866 Millionen Dollar haben allein die zwölf Topsponsoren des Weltverbandes – darunter McDonald’s, Kodak und Coca-Cola – zwischen 2005 und 2008 an das IOC überwiesen. Das Pekinger Organisationskomitee (Bocog) hat mit der Vermarktung der Pekinger Spiele 1,2 Milliarden Dollar eingespielt.

Die Sponsoren achten deshalb argwöhnisch darauf, dass während der Spiele nur ihre Produkte zu sehen sind. Auf dem olympischen Gelände und in der Umgebung der Wettkampfstätten sind fast nur die Sponsorautos von Volkswagen unterwegs. 100 000 chinesische Helfer sind von Adidas eingekleidet – insgesamt liefert der Konzern mehr als drei Millionen Produkte. Im olympischen Dorf gibt es – auf Sponsoren muss Rücksicht genommen werden – ein McDonald’s-Restaurant, auch wenn die Kost kaum für Sportler geeignet sein dürfte.

Für die Firmen, die normalerweise ein Dreifaches der Rechtegebühren für begleitende PR-Maßnahmen ausgeben, lohnt sich das Investment dennoch. „Wir sehen uns als die olympische Sportmarke schlechthin“, sagt Hainer. Eine große Sichtbarkeit bei den Wettkämpfen in Peking – der Konzern, zu dem auch die Marke Reebok gehört, rüstet 3000 Sportler und 16 Nationale Olympische Komitees aus – ist ein wichtiger Teil der Markenstrategie.

Für das Dax-Unternehmen ist das Sponsoring insbesondere im Hinblick auf das Geschäft in China wichtig, den weltweit größten Wachstumsmarkt in der Sportartikelbranche. Adidas eröffnet im Schnitt jeden Tag zwischen Peking und Kanton zwei neue Geschäfte. Bis 2010 sollen es insgesamt 7200 Filialen sein. Vor drei Wochen hat der Konzern in der Edel-Einkaufsstraße Sanlitun das neue Adidas-Kaufhaus eingeweiht – mit 3170 Quadratmetern der weltweit größte Laden der Marke.

„Wir sind sehr optimistisch“, sagt Vorstandschef Hainer über die Aussichten. Adidas habe im laufenden Jahr Nike als Marktführer in China überholt. Der Konzernumsatz in China sei im ersten Halbjahr währungsbereinigt um über 60 Prozent gestiegen. Auch beim Volkswagen-Konzern in Wolfsburg, der bereits jedes siebte Auto in der Volksrepublik absetzt, erhofft man sich durch Olympia einen Schub in China. Der Autohersteller, der in Shanghai und im nordchinesischen Changchun Gemeinschaftsunternehmen betreibt, stellte im ersten Halbjahr mit 500 000 ausgelieferten Fahrzeugen einen neuen Verkaufsrekord auf. Auch wenn Experten eine leichte Abkühlung im Pkw-Geschäft voraussagen, ist China mit seiner wachsenden Mittelschicht der Zukunftsmarkt schlechthin für die Branche. Allein in Peking werden jeden Tag 1000 neue Pkw angemeldet.

Dass die politische Diskussion um Chinas Menschenrechtslage den Firmen schaden könnte, glaubt man in den Unternehmen nicht. Volkswagen und Adidas hielten auch nach den Unruhen in Tibet im März an ihrem Olympiasponsoring fest. Volkswagen stellte den Chinesen für den Fackellauf, der in Europa und den USA von heftigen Protesten begleitet wurde, eine Fahrzeugflotte aus 959 Autos bereit. „Wir können nicht als Schiedsrichter auftreten“, rechtfertigt Adidas-Chef Hainer das China-Engagement seines Unternehmens. Überall auf der Welt gebe es politische Verwerfungen. Die Chinesen wissen die Treue der Sponsorfirmen zu schätzen. Zwei Tage vor Hainer durfte auch der China-Chef von Volkswagen, Winfried Vahland, die olympische Fackel durch Peking tragen.

Harald Maass[Peking]

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