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Renè Tretschok (l.), Kjetil Rekdal, Lars Ricken (r.).

© dpa

Grüße aus Norwegen: Kjetil Rekdal bewirbt sich bei Hertha

Unser norwegischer Gastredakteur Espen A. Eik hat sich gefragt, wo das Problem bei Hertha liegt. Seine Recherchen führten Eik zu Ex-Herthanern. Zu Hans Weiner in dessen Kneipe Hanne am Zoo. Und zu seinem Landsmann Kjetil Rekdal, der Hertha aus der Ferne gleich seine Hilfe anbietet.

"Wir hätten sie holen können. Unglaublich, oder? Im letzten Jahr zu dieser Zeit waren wir immer noch im Rennen um die Meisterschaft." Hans Weiner schüttelt langsam den Kopf. Bis jetzt war er ein gesprächiger Gastgeber, der mir lachend die norwegischen Fußballer aufzählt, die ihn in seiner Profikarriere abgegrätscht haben. Die Vergangenheit ist voller schöner Momente. Die Zukunft sieht nicht so viel versprechend aus. Von hier aus besehen, "Hanne am Zoo", Hans Weiners Kneipe voller Fußball-Reliquien an den Wänden, ist der Ausblick wirklich düster.

Von diesem Tisch aus hat der zweimalige Deutsche Meister seinem früheren Klub Hertha BSC zugeschaut, wie er stolperte und am Ende der vergangenen Saison den Titel verspielte. Und wie er in dieser Saison weiterstolperte und weiterfiel und keinen Boden unter den Füßen mehr fand. Jetzt braucht Hertha ein kleines Wunder, um den Sturz in der Zweite Bundesliga noch zu verhindern. "Ich war nur dreimal in dieser Saison im Stadion. Und selten habe ich derart hilflosen Fußball gesehen", sagt Weiner und fügt frustriert hinzu: "Ich habe es schon vor fünf Monaten gesagt: 'Wir steigen ab.'" Auf den ersten Blick ist es schwer zu verstehen, warum diese großartige Stadt keine großartige Fußballmannschaft hat. Wird Berlin schon bald die erste europäische Hauptstadt ohne Erstligisten sein? Mein norwegischer Landsmann Kjetil Rekdal hat früher für Hertha gespielt. Derzeit trainiert er das kleine Aalesund in Norwegen und hat mit dem Team einen tollen Start in die neue Saison hingelegt. Im letzten Jahr wurde die Mannschaft völlig überraschend Pokalsieger. Nach dem Finaltriumph, sagte Rekdal in der ihm eigenen bescheidenen Art, dass der Sieg ein Ergebnis von "Weltklasse-Coaching" gewesen sei.

Rekdal könnte sich vorstellen, Hertha zu trainieren

Ich frage ihn zu seiner Meinung über Herthas Absturz. Die Antwort kommt prompt und ist wenig schmeichelhaft für seinen Ex-Verein: "Dort wurde offenbar keine gute Arbeit abgeliefert", sagt er am Telefon, wobei es seine Stimme kaum durch die Leitung von der westnorwegischen Küste bis Berlin schafft. "Es kann nicht nur Pech sein, wenn du kaum ein Spiel gewinnst." Wen nun genau die Schuld treffe, sei schwer zu sagen. "Es ist eher ein Versagen des gesamten Vereins. Angefangen von den Spielern, über die Trainer bis hin zum Management."

Wie er die Fußballbegeisterung in Berlin einordnen würde, möchte ich wissen? Schließlich hat Rekdal für viele Klubs in verschiedenen Ländern gespielt. "Das Interesse ist riesig. Eine Stadt wie Berlin sollte eigentlich eine Mannschaft haben, die europäisches Spitzenniveau verkörpert. Hertha könnte das auch schaffen. Es braucht nur seine Zeit und Leute, denen die Fans und die Stadt zutrauen, den Verein wieder nach vorn zu bringen." Aber in dieser Saison läuft Hertha die Zeit davon. Ist die Rettung noch möglich? "Das kommende Spiel gegen Schalke ist entscheidend. Wenn Hertha gewinnt, muss Bayern womöglich am letzten Spieltag in Berlin nicht mehr punkten", glaubt Rekdal, der zudem aus Erfahrung weiß, dass es nicht unmöglich ist, auch gegen Bayern zu gewinnen. "Wir haben das damals auch geschafft."

Im "Hanne am Zoo", sorgt sich Hans Weiner unterdessen um die wirtschaftlichen Auswirkungen eines Abstiegs von Hertha. Die ganze Stadt würde Verluste machen, wenn die Fanmassen anderer Erstligisten künftig nicht mehr jedes zweite Wochenende nach Berlin kommen würden. "Meine Kneipe würde sicherlich darunter leiden", ist Weiner sicher. Für eine Minute schaut er schweigend vor sich hin, dann blickt er mich an und lacht. "Aber wenn wir wirklich absteigen, brauchen wir wahrscheinlich einen neuen Trainer..."

Auf wen er hinaus will, ist klar - auch für den, der gemeint ist. "Solche Spekulationen sind nachvollziehbar", sagt Rekdal lachend. Aber was wäre, wenn Hertha ihm tatsächlich ein Angebot machen würde, die Mannschaft in der Zweiten Liga zu trainieren? "Wenn so ein Verein sich für dich interessiert, dann überlegst du immer. Natürlich wären die Konditionen entscheidend - nicht unbedingt das Gehalt, sondern vor allem, was man mit dem Team bewegen kann. Ich würde niemals wieder einen Vertrag wie den in Kaiserslautern akzeptieren, wo ich wegen der angespannten wirtschaftlichen Situation im Verein gar keine Chance hatte, irgendetwas zu verändern", macht Rekdal klar. Aber Berlin wäre ohnehin etwas ganz anderes. "Ich habe sehr gern in der Stadt gelebt und allein der Gedanke daran, irgendwann wieder zurückzukehren ist aufregend genug. Aber, hey, erst einmal müsste Hertha mit mir in Verbindung treten. Dann können wir sehen, was passiert."

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