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Sport: Gummi geben

Hockenheim. Man sieht den Formel-1-Weltmeister nicht oft neben der Strecke.

Hockenheim. Man sieht den Formel-1-Weltmeister nicht oft neben der Strecke. Vor allem nicht, wenn er im Auto sitzt. Als Michael Schumacher am Freitag zum ersten Mal den neuen Hockenheimring befuhr, bot sich den Zuschauern genau dieses Schauspiel. „Die Strecke ist noch ziemlich rutschig“, lautete später seine Begründung.

Was im ersten Moment nach einer Ausrede klingt, wird aber durch einen Blick auf die bloße Statistik bestätigt. Am ersten Tag gab es insgesamt 19 Ausrutscher oder Dreher beim Freien Training zum Großen Preis von Deutschland (heute, 14 Uhr, live in RTL). Besonders zeichnete sich dabei der Malaysier Alex Yoong im Minardi aus, der auch am Sonnabend noch mehr Zeit neben der Piste verbrachte als auf dem Asphalt. Das sei am Anfang immer so, der Gummiabrieb der Reifen fehle noch auf dem Belag, meint der Architekt der Strecke, Hermann Tilke. In der Fachsprache der Reifenhersteller von Bridgestone heißt das dann, die Strecke sei noch „ziemlich grün". BMW-Motorsportdirektor Mario Theissen sagt: „Die Fahrer suchen noch das Limit auf der neuen Strecke.“ Die vergrößerten Auslaufzonen auf dem neuen Ring würden zu mehr Risiko einladen.

Spätestens am Sonnabend hatten sich aber die meisten an den Kurs gewöhnt. Das belegten neben dem zahlenmäßigen Rückgang der Dreher vor allem die Rundenzeiten. Fast zwei Sekunden schneller war Michael Schumacher gestern bei seiner Fahrt zur Poleposition im Vergleich zur schnellsten Runde vom Freitag. Es war auch ein Zeichen dafür, dass die Strecke gestern schon nicht mehr so rutschig war wie am Vortag, weil sich immerhin ein wenig Gummi auf sie gelegt hatte. Zumindest auf die Ideallinie, den schnellsten Weg durch die Kurven. „Aber wehe, man kommt von dieser Linie ab“, sagt Sauber-Pilot Felipe Massa. Dann verliert der Rennwagen nämlich von einer Sekunde auf die andere einen Großteil seiner Bodenhaftung, das Resultat ist meistens ein Dreher.

Weltmeister mit Bodenhaftung

Dieses Problem kennen die Fahrer von anderen Kursen wie dem Hungaroring bei Budapest. Allerdings hat das dort nicht wie in Hockenheim etwas mit Startschwierigkeiten zu tun. Vielmehr müssen sie in Ungarn Jahr für Jahr aufs Neue fehlende Bodenhaftung attestieren, weil die Strecke so selten benutzt wird und sich deshalb eine ganze Menge Sand an Stelle einer gleichmäßigen Gummischicht darauf verteilt. Die sorgt aber für besseren Grip, also bessere Haftung, als der blanke Asphalt.

Ähnlich wie bei einer neuen Landstraße, die auch anfangs noch rutschig und glatt ist - vor allem im Regen. Bloß gut, dass die Vorhersage für das Rennen heute strahlenden Sonnenschein verspricht. Doch selbst dann ist noch mit dem einen oder anderen Dreher zu rechnen. Auch Michael Schumacher glaubt, „dass man ab und zu vielleicht ein wenig weit hinaus kommt". Das sei aber nicht so schlimm, „weil die großen Auslaufzonen dafür sorgen, dass dann nicht sofort das Rennen ruiniert ist“. Auch der Weltmeister weiß, dass man auf einer fast vollständig neuen Rennstrecke auch am dritten Tag noch keine optimale Bodenhaftung hat.

Dazu ist ein dauerhafter Rennbetrieb notwendig, zu dem auch andere Serien wie die Deutschen Tourenwagen-Masters beitragen. Dass aber auch gewöhnliche Straßen gute Haftung für die Formel-1-Autos bieten können, zeigt das Beispiel des Stadtkurses von Monte Carlo. Dort bringen Motorroller und Pkw im normalen Verkehr den Gummiabrieb für Formel 1 zustande. Das Gummi auf dem Asphalt ist dann zwar nicht optimal wie auf einer richtigen Rennstrecke, aber immer ist es noch besser als ungarischer Puszta-Sand. Christian Hönicke

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