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Sport: Gutschein für Gold

Timo Boll spielt das modernste Tischtennis der Welt – damit will er die mächtigen Chinesen besiegen und eine Medaille gewinnen

Am 13. August beginnen die Olympischen Spiele in Athen. Bis dahin stellt der Tagesspiegel Athleten vor, die besondere Aufmerksamkeit verdienen. Heute: Timo Boll, Tischtennisspieler.

Vor eineinhalb Jahren ist Timo Boll die Nummer eins der Tischtennis-Weltrangliste geworden. Vor ihm hatte das noch kein Deutscher geschafft. Weil die Begeisterung für Boll so groß ist, hat sich die Gefühlslage im deutschen Tischtennis einfach an seine Leistung drangehängt. Gewinnt er, fühlt sich das deutsche Tischtennis als große Nummer, es erscheint dann selbst in Fernsehsendungen wie TV Total und Stern TV. Scheidet Boll dagegen früh aus, dann kommt sich das deutsche Tischtennis nur wie ein gewöhnlicher Volkssport vor.

In den vergangenen Monaten ist es dem deutschen Tischtennis nicht immer gut gegangen. Boll war oft verletzt, in der Weltrangliste ist er inzwischen auf Platz elf abgerutscht. Als der 23 Jahre alte Hesse bei den German Open im vergangenen November früh ausgeschieden war, sagte er, er wolle sich nun auf Athen konzentrieren. Das hat Boll oft nach Niederlagen erklärt, und seitdem sind die Olympischen Spiele wie eine Verheißung.

Die Hoffnung ist auch deshalb groß, weil Boll so begabt ist. Eigentlich muss er diese Begabung in Athen einfach nur einlösen wie einen Gutschein und sich dafür eine Medaille umhängen lassen. Boll spielt das modernste Tischtennis. Kaum ein Spieler kann den Ball mit seinem Arm und seinem Handgelenk so sehr beschleunigen und ihm so viel Rotation mitgeben wie Timo Boll.

So groß seine Aufgabe ist, so kleinteilig muss sie Boll in diesen Wochen der Vorbereitung vorkommen. Er brachte eine Schmerzbehandlung nach der anderen hinter sich, aber seine Rückenschmerzen wollten trotzdem nicht verschwinden. In der vergangenen Woche hat Boll auf Tabletten verzichtet, und auf einmal waren auch seine Schmerzen weg. „Jetzt kann ich nur hoffen, dass es bis Athen so bleibt“, sagt Boll.

Er selbst versteht Athen nicht als Ausgleich für ausgebliebene Erfolge in den vergangenen beiden Jahren, nachdem er zuvor schon Europameister geworden war und den World Cup gewonnen hatte: „Ich will nichts gut machen. Ich will mir auch nicht zu viel Druck machen, ich bin noch jung genug.“ In der Tat hat Boll die besten Tischtennisjahre noch vor sich, in vier Jahren könnte er auf seinem Leistungshöhepunkt sein. Aber die Gelegenheit für eine Olympiamedaille wird 2008 wohl nicht mehr so günstig sein. Dann finden die Spiele in Peking statt, also mitten im Tischtennis-Land, und die Chinesen werden alles dafür tun, um in ihrem Nationalsport so viele Medaillen wie möglich zu gewinnen.

Wie groß der Abstand ist, das haben die Chinesen erst im März bei der Mannschafts-Weltmeisterschaft in Katar gezeigt. Sie bezwangen die deutsche Mannschaft zweimal 3:0, eine kleine Welt lag zwischen den beiden Teams. Boll analysierte seine Gegner nicht, er schwärmte von ihnen: „Was Wang Hao dort gespielt hat, war allererste Sahne.“

Doch Boll hat noch nicht vergessen, dass er selber die Nummer eins der Weltrangliste war, dass er die Chinesen besiegt hat, auch in ihrem eigenen Land, 2002 beim World Cup. Sein Trainer Helmut Hampl sagt: „Timo ist ein positiver Typ, er kann sich schnell in ein Turnier hineinsteigern.“

Den ersten Auftritt in der Olympiahalle von Athen hat Timo Boll in diesem Jahr bereits hinter sich. Er endete im Januar in der zweiten Runde bei den offenen griechischen Meisterschaften. Da ging es dem deutschen Tischtennis wieder einmal nicht gut. Es wartet auf ein Glücksgefühl.

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