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Sport: Häkkinens Gegner heißt Häkkinen - ein Blick hinter die Kulissen bei McLaren-Mercedes

Der Sekt stand kalt, die Musik war geordert, aber die Party fiel aus. Zu feiern gab es bei McLaren-Mercedes am Sonntag wahrlich nichts.

Der Sekt stand kalt, die Musik war geordert, aber die Party fiel aus. Zu feiern gab es bei McLaren-Mercedes am Sonntag wahrlich nichts. Mit zwei mickerigen Punkten im Gepäck wurden die Silberpfeile von Monza zum Nürburgring transportiert. Dazu schmerzte das laute, feucht-fröhliche Treiben aus dem Motohome bei Jordan-Mugen-Honda mit dem sangesfreudigen Teamchef Eddie Jordan und dem Grand-Prix-Sieger Heinz-Harald Frentzen. Es hatte nicht sollen sein. Der 13. WM-Lauf in der Formel 1 ging für das britisch-deutsche Team gründlich daneben.

Nichts scheint im Kampf um die Krone des Motorsport mehr unmöglich zu sein. Keiner weiß es besser als Weltmeister Mika Häkkinen selbst. Was nutzt dem Finnen der Status eines Trainings-Weltmeisters, den er mit elf Poleposition bei 13 Rennen unangefochten für sich verbuchen kann? Für ihn, sein Team und die Fans ist alles ein Muster ohne Wert, wenn beim Grand Prix nichts heraus kommt. Dabei kann den Silberpfeilen nach wie vor kein anderes Team nur annähernd folgen, vor allem nicht, wenn "Flying Mika" am Steuer sitzt. Technische Ausfälle, teaminterne Crashs und Fahrerfehler - wie der von Häkkinen in Monza - verleihen dem WM-Kampf drei Rennen vor Schluss noch Spannung.

Wer Häkkinens Reaktion nach dem Ausfall im Königlichen Park gesehen hat, wie er Lenkrad und Handschuh wegwarf, ein Stück weit fast orientierungslos rannte und dann zusammengekauert weinte, einen mitleidig herabschauenden Carabiniero an seiner Seite - der wusste, wie tief der Fall am Sonntag war. Dabei hatte McLaren-Mercedes nichts unversucht gelassen, eine WM-Vorentscheidung ausgerechnet im Ferrari-Land herbei zu führen. Mercedes-Teamchef Norbert Haug nahm extra seine beiden Fahrer zusammen und redete mit ihnen über einen "gesitteten" Start: "Wir müssen aufpassen, die Fahrzeuge sind voll aufgetankt, da darf einfach nicht noch einmal etwas passieren." Das Resultat fiel bescheiden aus. Zwar gab es diesmal keinen Unfall, aber Coulthard wurde sofort vom dritten Rang nach hinten durchgereicht. Damit war schon auf den ersten Metern eine Entscheidung gegen den Sieger von Belgien gefallen, während Häkkinen von der Spitze weg sein eigenes Rennen fuhr. Total überlegen, eine Klasse besser als seine 21 Kontrahenten.

"Hochmut kommt vor dem Ausfall", lautete in der vergangenen Saison der Leitspruch von Norbert Haug. Den musste er in Monza nicht bemühen, um das Versagen des Weltmeisters zu erklären. Schließlich wollte man die tiefe Krise bei Ferrari zu einer Deklassierung des Hauptkontrahenten nutzen. Schon deshalb verfiel niemand von vornherein in Selbstgefälligkeit. Und bis zur 30. Runde lief auch alles wie im Regieplan vorgegeben. Häkkinens Frau Erja erlebte das plötzliche Ende am Bildschirm in der Box. Sie trug es mit Fassung, wie alle im Team. Es gab kein Verkriechen danach. Häkkinen rappelte sich wieder auf, stellte sich den Fernsehkameras und bewies damit menschliche Stärke. Oft genug hat Häkkinen bewiesen, dass er aus besonderem Druck neue Kraft schöpfen kann. Drei Rennen vor Schluss in der vergangenen Saison war sein Vorsprung ebenfalls gleich Null. Und in dieser Situation galt es noch, Michael Schumacher im Kampf um die Krone niederzuringen.

Diesmal muss zuerst "nur" Eddie Irvine auf Distanz gehalten werden, dessen Scuderia-Bolide von Rennen zu Rennen langsamer wird. "Ein harter Brocken wird aber ebenso Heinz-Harald sein", warnte Häkkinen zwar, aber Frentzen gab realistische Antwort auf diese Prognose: "Natürlich werden wir schneller und sehen auf dem Nürburgring eine weitere Chance. Aber unter normalen Umständen sind uns die McLaren-Mercedes voraus."

In der Eifel, bei der Premiere in Malaysia und zum Finale in Japan können sich die Silberpfeile eigentlich wieder nur selbst besiegen. War am Ende die Visite des Ferrari-Hauspfarrers in der McLaren-Mercedes-Box der Grund für das Desaster von Monza? Nein, an überirdische Mächte glaubt weder Häkkinen noch Coulthard. Über beiden liegt kein Fluch. Den Schlüssel zum Erfolg halten sie selbst in der Hand.

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