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Sport: Hat Ballack Recht? Pro

Steht dem Kapitän die Kritik an Löw zu oder nicht? Ein Pro und Contra

Von Markus Hesselmann

In der Nationalmannschaft rumort es, obwohl sie sportlich eigentlich ganz gut dabei ist. Zum Kulturkampf nach außen, der Auseinandersetzung zwischen dem Event-Fußball des Teammanagers Oliver Bierhoff und der alten Fußball-Schule, die ohne Oliver Pocher am Brandenburger Tor auskommt, kommt nun der Kulturkampf nach innen.

Und wieder mittendrin Michael Ballack. Der Kapitän der Nationalelf denkt nach außen wie nach innen wertkonservativ: Er glaubt, dass der Fußball ohne das Unterhaltungsspektakel drumherum auskommt. Es ist vor allem anderen wichtig, gut zu spielen und zu gewinnen, dann kommt der Rest von allein.

Ähnlich denkt Ballack intern: eine Hierarchie im Team muss sich auf natürlichem Wege herausarbeiten. Eine mannschaftliche Meritokratie, in der Leistungsträger sich auch mal ein, zwei schwächere Spiele gestatten dürfen, ohne gleich in Frage gestellt zu werden.

Das ist konservativ im besten Sinne und – gerade auch in diesen krisenhaften, alle Werte umwertenden Tagen der Wirtschaftsdepression – sicherlich nicht die schlechteste Haltung. Der im besten Sinne Konservative wägt ab, bevor er ein leidlich funktionierendes System revolutionär über den Haufen wirft. Er misstraut den großen systematischen Ansagen, den pathetisch proklamierten neuen Prinzipien. Er opfert gut Eingespieltes nicht der vermeintlichen Innovation.

An Innovationen hat es seit Beginn der Ära Klinsmann/Löw in der Nationalelf nicht gemangelt: Die wissenschaftliche Denke, die neue Nähe zu den Fans, die Persönlichkeitsbildung der Spieler. Das meiste davon war positiv, zugeschnitten vor allem auf das alles in allem erfolgreiche Projekt WM 2006. Doch Innovation ist kein Selbstzweck. Und das Projekt ist lange vorbei. Jetzt muss eine Balance gefunden werden zwischen dem Neuen und dem Erprobten.

Ballack gehört zu den erprobten Kräften, die Deutschland bei der WM 2010 braucht. Auch Torsten Frings kann der Mannschaft in zwei Jahren sicher noch helfen. Deshalb wirft sich Ballack für ihn in die Bresche. Er tut dies öffentlich, obwohl – oder gerade weil – der Bundestrainer neuerdings „Unterwerfung“ fordert.

Dabei schwingt mit, dass Ballack selbst weiß, dass auch er nicht in jedem Spiel brillieren kann. Und dass auch er aufgrund vergangener Leistungen einen Vertrauensbonus erwartet.

Jahrelang wurde dem gebürtigen Görlitzer vorgeworfen, er sei keine Führungsfigur, sondern einer, der im Kollektivismus aufwuchs und mit Kopf und Ellenbogen ungern herausragt. Nun zeigt Ballack Führungsstärke. Er spricht für verdiente Teamkameraden. Die Autorität dazu hat er: Als Kapitän – und als bester deutscher Fußballer seiner Generation.

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