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Sport: Heilige Orte

Eine Aufsatzsammlung über Fußballstadien

Als die Plätze der Ostkurve des Bremer Weserstadions an einen Sponsor verkauft werden sollten, ging ein Aufschrei durch die Fanszene. Ausgerechnet die Heimstätte der treuesten Grün-Weißen wollte sich der Nahrungsmittelhersteller Kraft Jacobs Suchard unter den Nagel reißen. Die Fans durften ihre Plätze zwar behalten, doch seitdem stehen sie in der „Kraft-Ostkurve“. Letztlich war es nur ein symbolischer Sieg. 12 von 18 Bundesligisten haben die Namensrechte an ihrem Stadion bereits an einen Sponsor verkauft.

Die fortschreitende Vermarktung ist nur einer von zahlreichen Aspekten, derer sich die von vier österreichischen Intellektuellen herausgegebene Aufsatzsammlung „Das Stadion“ widmet. Die Autoren beschreiben das Stadion als historisch-politischen Raum, Stätte politischer Inszenierungen, architektonisches Kunstwerk und Schauplatz massenkultureller Faszination. Der englische Geograf John Bale deutet den „Homeground“ als heiligen Ort und Projektionsfläche für Regionalismus und Lokalpatriotismus. Mit der emotionalen Bindung an das Stadion sei eine besondere Form der Zuneigung gewachsen, die sich mit kaum einer anderen Bindung an etwas Lebloses vergleichen lasse. Wer Erwin Seeler, den Vater von „Uns Uwe“, beim Abriss des Rothenbaum-Stadions weinen sah, kann dem nur schwer widersprechen.

— Marschik/Müllner/Spitaler/Zinganel: Das Stadion. Geschichte, Architektur, Politik, Ökonomie, Verlag Turia + Kant, 448 Seiten, 39 Euro

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