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Sport: Hertha BSC: Alves drohen acht Wochen Sperre

Aus dem HSV-Fanblock scholl es gar unfein "Alves, du Arschloch". Zu glauben, Alex Alves hätte es nicht verstanden, ist irrig.

Aus dem HSV-Fanblock scholl es gar unfein "Alves, du Arschloch". Zu glauben, Alex Alves hätte es nicht verstanden, ist irrig. Allzu viel kann der Brasilianer mit der deutschen Sprache noch nicht anfangen. Doch dieses Schimpfwort ist ihm bekannt. "Zecke" Neuendorf, so Trainer Jürgen Röber, habe es ihm schon früh beigebracht. Leider, möchte man sagen. Denn der Frust über die Beschimpfung saß bei Alex Alves tief. So tief, dass er sich später zu einem Revanchefoul hinreißen ließ, das Folgen hat. Für Alves selbst und für Hertha BSC.

Bitter, dass es in einem eher nichtigen Spiel geschah, in der 42. Minute der Ligapokal-Partie des Berliner Fußball-Bundesligisten gegen den Hamburger SV. Da streckte Alves den ehemaligen Herthaner Niko Kovac mit einem Hieb nieder. So zumindest sah es Linienrichter Christian Schößling aus Leipzig. Der teilte seine Wahrnehmung Schiedsrichter Bernd Heynemann aus Magdeburg mit, der von dem Vorfall hinter seinem Rücken nichts mitbekommen hatte. Der Fifa-Unparteiische zeigte Alves daraufhin die Rote Karte.

Natürlich wiegelten im Hertha-Lager alle ab. Beschönigen wolle niemand die mögliche Kurzschlusshandlung, meinten Manager Dieter Hoeneß und Trainer Röber unisono. Doch "wer hat sich von uns im täglichen Leben immer voll unter Kontrolle" (Röber) und "auch Kovac meinte, es sei nicht so schlimm gewesen" (Hoeneß), hieß es. Alves hatte sich an diesem Abend im Lübecker Stadion Lohmühle mehrmals nicht unter Kontrolle, sogar sein Ausgleichstor zum 1:1 hatte nicht für Ausgeglichenheit gesorgt. Erst legte er sich mit dem HSVer Bernd Hollerbach an, dann warf er bei einer angeblichen Fehlentscheidung wutentbrannt den Ball auf den Rasen, wollte Heynemann (zu dessen sichtlichem Missvergnügen) einmal reichlich jovial die Wange streicheln und machte selbst nach seinem Feldverweis auf der Reservebank seinem Unmut über dessen Entscheidungen Luft.

Nun wird Alves viel Zeit haben, über seinen Ausrutscher nachzudenken. Für eine Tätlichkeit, und als solche wird das Revanchefoul wohl eingestuft, sind in der DFB-Gerichtsbarkeit mindestens acht Wochen vorgesehen, im leichteren Fall vier Wochen. Das Prozedere: Der Kontrollausschuss erhebt Anklage, das Sportgericht fällt das Urteil. Hoeneß, der nach dem Spiel sofort Kontakt zu Kovac aufnahm und ihm offensichtlich Wohlwollen nahe legte, kündigte an, dass Hertha den Anwalt Christoph Schickardt mit der Angelegenheit betrauen werde.

Es spricht einiges dafür, dass Alves bei Herthas Bundesligastart am 12. August nicht dabei ist. Schlecht für Hertha, schlecht für Alves. Beim 15-Millionen-Mark-Einkauf, in der letzten Saison noch das große Sorgenkind, schien gerade jetzt der Knoten geplatzt zu sein. In den letzten drei Testspielen schoss er jeweils ein Tor, das beim Turnier in Zell am See gegen den HSV war höchst spektakulär. Röber: "Er hatte gerade so gut Fuß gefasst."

Dem Hertha-Trainer passte die Rote Karte auch aus einem anderen Grund nicht ins Konzept: Die imponierende Leistung seiner Mannschaft nach der Pause geriet eher zur Nebensache. Dabei war es erstaunlich, wie Hertha nach schwachem Start (Röber: "Einige kamen da überhaupt nicht in die Gänge") in Unterzahl den HSV an die Wand spielte und zum 3:1 stürmte. Das ließ die zuvor so lautstarken, weit in Überzahl befindlichen HSV-Anhänger schnell verstummen. Auch der DFB-Beobachter Horst Hrubesch war beeindruckt, dürfte dem Interims-Teamchef Rudi Völler über die Deisler, Beinlich, Rehmer und Wosz viel Positives berichten können. Alle, auch Preetz, haben nun am Sonnabend, wenn es in Dessau im Halbfinale gegen den Vizemeister Bayer Leverkusen (17.45 Uhr, Originalübertragung in der ARD) geht, erneut die Chance, sich für das nächste Länderspiel gegen Spanien zu empfehlen. Für Beinlich gibt es dann ein Wiedersehen mit seinen alten Teamkameraden, Röbers Kontakte mit den Bayer-Verantwortlichen dürften aufmerksam verfolgt werden. Schließlich ist trotz aller Dementis sein Wechsel nach Leverkusen noch immer nicht aus der Welt.

Klaus Rocca

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