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Hertha BSC: Der schwere Aufstieg

Der Vergleich mit Hannover 96 zeigt, dass Hertha BSC bisher eine erfolgreiche Saison spielt.

Berlin - Wenn man der Argumentation von Hannover 96 folgt, hat der Verein in der vergangenen Woche eine der schlimmsten Niederlagen seiner Geschichte kassiert. Eine Niederlage, die die Zukunft des Vereins ernsthaft gefährdet, die schon in Kürze den Verkauf teurer Spieler und damit den Rückfall in den Abstiegskampf nach sich ziehen könnte. Hannover 96 hat diese Niederlage nicht auf dem Platz kassiert. In der vergangenen Woche hat der Vorstand der Deutschen Fußball-Liga die Empfehlung ausgesprochen, die bisherige 50+1-Regelung beizubehalten, die den Einfluss von Investoren auf die Vereine einschränkt. Sehr zum Ärger von Martin Kind. Der Präsident von Hannover 96 kämpft seit langem schon gegen diese Regelung. Ohne eine Änderung hält er seinen Klub für „ unterkapitalisiert und nicht wirklich wettbewerbsfähig“.

Es läuft im Moment nicht gut für Hannover 96, auch auf dem Platz nicht. Nach neun Spieltagen lag die Mannschaft mit neun Punkten nur auf Platz 14. „Das haben wir uns sicherlich anders vorgestellt“, sagt Sportdirektor Christian Hochstätter vor dem heutigen Auswärtsspiel bei Hertha BSC in Berlin. Im Sommer noch gab es so etwas wie Aufbruchstimmung bei den 96ern. Die vergangene Saison war bei allen relevanten Parametern (Tabellenplatz, Umsatz, Zuschauerzahlen) die beste seit 40 Jahren, doch Hannovers aktuelle Situation zeigt, wie schwierig es ist, sich aus dem Mittelfeld der Bundesliga dauerhaft zu befreien. Und sie zeigt auch, dass Hertha BSC bisher eine sehr erfolgreiche Saison spielt.

Beide Mannschaften haben in etwa die gleichen Ziele, beide sind im Sommer von etwa der gleichen Position gestartet, die Hannoveraner sogar mit einem leichten Vorsprung, doch inzwischen hat sich Hertha eine klare Führung erarbeitet. „Das ist eine Mannschaft, die sich von der Qualität auf unserem Niveau bewegt“, sagt Hochstätter über die Berliner. Am Ende der vorigen Saison lagen die Hannoveraner (8.) sogar zum ersten Mal seit ihrem Aufstieg im Jahr 2002 vor Hertha (10.). Die Verpflichtung namhafter Spieler wie Mario Eggimann und Jan Schlaudraff hat die Euphorie rund um 96 weiter befeuert, aber das Mittelmaß lässt sich nun mal nicht so leicht abstreifen. Frankfurt macht in dieser Saison eine ähnliche Erfahrung, Mönchengladbach und Nürnberg, Vereine mit vergleichbaren Ambitionen, sind sogar abgestiegen.

Umso bemerkenswerter ist es, dass Hertha derzeit voll im Plan liegt. Im Dauerclinch zwischen Trainer Lucien Favre und Marko Pantelic, im Zoff um den richtigen Elfmeterschützen und anderen kleinen Zwistigkeiten ist der positive Saisonverlauf der Berliner fast ein bisschen untergegangen. Auch beim eigenen Anhang. Für das Spiel gegen Hannover waren gestern nicht mal 30 000 Karten verkauft.

Hertha spielt nicht unbedingt berauschend schön – die Mannschaft spielt realistisch. Favre hat ein System gefunden, das der Mannschaft eine gewisse Stabilität verschafft. Selbst die gravierenden Verletzungsprobleme haben daran nichts geändert. Hertha hat die Ausfälle einigermaßen aufgefangen, insofern wird es fast schon geschäftsmäßig zur Kenntnis genommen, dass gegen 96 der Einsatz von Simunic, Lustenberger und Woronin fraglich ist. „Das zeigt, dass sie eine stabile Truppe sind“, sagt Hannovers Sportdirektor Hochstätter. „Hertha ist gut gegen den Ball und spielt relativ aggressiv. Und sie hatten das Erfolgserlebnis zur richtigen Zeit. Jetzt laufen sie oben mit.“

Dieses Erfolgserlebnis hatten die Hannoveraner bisher nicht, sie müssen, wie Hertha, viele Verletzte ersetzen, haben die Ausfälle aber bei Weitem nicht so gut kompensieren können. Zumindest in der Theorie hält Herthas Manager Dieter Hoeneß 96 für einen gleichwertigen Gegner. „Die haben eine gute Mannschaft, und sie gehören für mich immer noch zu dem Kreis von Mannschaften, die Ansprüche auf die Region um Platz fünf, sechs herum anmelden.“ Genau wie Hertha.

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