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Sport: Hertha, der Herbst ist da

Erst verlieren die Berliner 1:2 gegen Frankfurt, dann kritisiert Trainer Meyer die Einstellung seiner Spieler

Berlin. Es war kein leichter Gang. Während sich die Frankfurter von ihren rund 1000 Anhängern hochleben ließen, schlichen Herthas Fußballprofis auf der anderen Seite des Olympiastadions mit hängenden Köpfen zu ihren Fans und dankten ihnen artig, wie das von ihnen erwartet wird. Sie hatten sich diesen Abend ganz anders vorgestellt. Mit dem dritten Sieg in Folge wollten sie sich in diesem „Sechs-Punkte-Spiel“ (Manager Dieter Hoeneß) beim Kampf gegen den Abstieg aus der Bundesliga ein wenig Rückenstärkung holen. Stattdessen gab es eine bittere 1:2 (0:1)-Niederlage gegen Eintracht Frankfurt, einen Mitkonkurrenten im Fight gegen den Sturz in die Zweitklassigkeit. Nun stehen die Hessen wieder vor Hertha und beide auf einem Abstiegsplatz.

Hans Meyer war bei aller Enttäuschung ein guter Verlierer. „Der Sieg der Eintracht war verdient“, sagte Herthas Trainer. „Die Frankfurter waren engagierter, aggressiver und zweikampfstärker.“ Es bleibt die Frage, warum die Gäste bei all diesen Attributen einen Vorteil hatten, wussten die Herthaner doch genau, worum es bei diesem Spiel ging. Wenn sie trotzdem laut Meyer mangelndes Engagement aufwiesen, dann kann einiges nicht stimmen.

Für Meyer stimmte vor allem einiges nicht im Abwehrverhalten. „Da habe ich Parallelen zu Spielen im Herbst gesehen. Das war ein Rückfall in alte Zeiten“, bemängelte er. Beim ersten Gegentor sei die Zuordnung klar gewesen, dennoch habe Du-Ri Cha nach dem Freistoß von Ervin Skela unbehindert den Ball mit kurzgeschorenem Kopf ins Netz verlängern können. Und beim alles entscheidenden Treffer durch Ioannis Amanatidis habe sich ebenfalls keiner um den Schützen gekümmert.

Zwischenzeitlich, nach dem Ausgleich durch Nando Rafaels zweitem Saisontreffer, keimten Hoffnungen auf, wenn auch nur kurzzeitig, für gerade mal vier Minuten. „Beim 1:1 hatte ich nicht mehr geglaubt, dass wir hier noch gewinnen würden“, bekannte Frankfurts Trainer Willi Reimann. Doch es war nur ein kurzes Aufbäumen der Herthaner. Nach dem erneuten Frankfurter Führungstor fehlte Trainer Meyer das Gefühl, „dass sich meine Mannschaft hier richtig gegen die Niederlage stemmt. Das war alles eher ein Scheindruck auf das Frankfurter Tor“. Noch ein Vorwurf, der schwer wiegt und doch einiges darüber aussagt, wie Hans Meyer seine Mannschaft wirklich einschätzt.

Spielerisch war von ihr ohnehin wenig zu erwarten, das wäre in dieser brenzligen Lage auch zu viel verlangt. Doch unbedingter Siegeswille ist das Mindeste, was man verlangen muss. „Wir dachten, schon weiter zu sein“, sagte Giuseppe Reina später. Vor allem dachte er wohl, dass die Psyche nach den beiden Siegen gegen Stuttgart und Freiburg stärker wäre.

Bei der offensiven Ausrichtung mit drei Stürmern hätte man auch weit mehr Torchancen erwarten dürfen. Reina machte noch am meisten Druck, Rafael erfüllte halbwegs sein Soll mit dem Tor, Fredi Bobic hatte außer viel Eifer wenig zu bieten. Und aus dem Mittelfeld kam von Marcelinho viel zu wenig. Wenn dann auch noch die Abwehr mit den schnellen Stürmern Cha und Amanatidis, die später beide ausgewechselt wurden, ihre liebe Not hat, dann darf man sich über das Ergebnis nicht wundern.

Reina sagte später fast trotzig: „Wir sind noch nicht abgestiegen und geben uns auch noch nicht auf.“ Was anderes hatte wohl auch niemand erwartet. Doch nach diesem Rückfall in den Herbst, wie es Meyer nannte, kommen bei vielen Betrachtern wieder arge Befürchtungen auf. „Nun müssen wir eben am nächsten Sonntag in Hannover gewinnen“, sagte Reina. Leichter gesagt als getan, zumal Hertha auswärts nicht gerade eine Macht ist.

Klaus Rocca

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