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Hertha-Trainer Jos Luhukay schiebt Spieler Hajime Hosogai über den Trainingsplatz.

© City-Press GbR

Hertha-Trainer Jos Luhukay: Europas kleinster Vulkan

Im zweiten Trainingslager arbeitet Hertha-Trainer Jos Luhukay mit seiner Mannschaft vor allem im taktischen Bereich. Gute Laune verbreitet er dabei nicht, wie Ronny, Peter Pekarik und Peter Niemeyer erfahren mussten.

Jos Luhukay stand in der Steiermark und sagte: „Es ist schön, wenn man auf dem Platz steht und die Berge sieht – das gibt eine gewisse Ruhe.“ Diese Aussage folgte einem Wutausbruch des Trainers, den auch die Alpenkulisse nicht zu dämpfen vermochte. Luhukay trieb den Fußballern von Hertha BSC in der ersten Einheit des Trainingslagers in Irdning gleich mal jede Gemütsruhe aus.

Weil er unzufrieden mit dem Defensivverhalten war, unterbrach er ständig die Trainingsspiele. „Wir müssen unsere Gegner zu Fehlern zwingen!“, hallte es über den Platz, „das hat mit Angst zu tun, wenn wir unsere Gegenspieler nicht anlaufen!“ Furchteinflößend war aber vor allem Luhukay, der brüllte, als wolle er das nebenan gelegene Tote Gebirge erwecken. Vor Ronny verschränkte er die Arme hinter dem Rücken, um anzudeuten, wie unzufrieden er mit dem Arbeitseinsatz des Spielmachers war. Pierre-Michel Lasogga schubste er beiseite, um zu zeigen, wie viel Druck auf den Stürmer auszuüben sei. Auch bei Ballbesitz fanden die Spieler keine Ruhe. „Da ist keine Kommunikation, ihr müsst euch gegenseitig coachen!“, rief er und forderte dann wieder schnelle Abspiele: „Du zögerst und zögerst und zögerst!“

Auch wenn er danach deutlich leiser wurde, hatte er sich auch nach dem Training noch nicht beruhigt. „Mir wäre es lieber, die Spieler würden die Kommandos geben.“ Dabei sind die auf dem Platz hörbarer als noch vor seiner Amtszeit. Doch das Erreichte reicht Luhukay nicht. „Ich mag keine Gemütlichkeit, denn das bedeutet Nachlässigkeit“, sagte er. „Wir sind hier, um uns energisch und intensiv auf den Saisonstart vorzubereiten.“

Luhukay verströmte ohnehin keine gute Laune in letzter Zeit. Am Fuße des Grimming, des mit 2400 Meter höchsten alleinstehenden Bergs Europas, entlud sich die Wut des mit 1,67 Meter kleinsten alleinstehenden Vulkans Europas. Ausbrüche gab es bei Luhukay schon öfter. Berühmt geworden ist seine Wutrede vergangene Saison nach der ersten Niederlage in Frankfurt. Danach verlor Hertha über fünf Monate kein Ligaspiel.

Luhukays Ausbrüche sind nur zum Teil emotional. Er beugt lieber mit einer kalkulierten Explosion vor, als erst dann wütend zu werden, wenn der Misserfolg schon ausgebrochen ist. „Wir brauchen jede fußballerische Einheit, um uns taktisch zu verbessern“, sagte Luhukay. Hertha dürfe sich keine gemütliche Eingewöhnung in die Bundesliga gönnen. „Wir müssen von Anfang an in der Bundesliga ankommen.“ Er weiß: Bei einem Fehlstart gäbe es keine Ruhe mehr, dann kämen die Erschütterungen ohne ihn.

Man kann es als Warnung beizeiten verstehen, dass in den ersten Trainingsspielen die letztjährigen Stammspieler Ronny, Peter Pekarik und Peter Niemeyer nur in der B-Elf standen. „Der Konkurrenzkampf ist hoch, es wird harte Entscheidungen geben in den nächsten Wochen“, sagte Luhukay. Dass er etwa Niemeyer wieder zum Kapitän bestimmt, ist nicht sicher. „Das entscheide ich wie immer einige Tage vor dem ersten Spiel.“

Und der Mannschaft gab Luhukay in einer Ansprache nach dem Training zehn Minuten lang vor, wie sie ohne Eruptionen in und durch die Saison kommen soll. Er zählte dazu die Leistungen der Vorsaison auf: Punkterekord, zweitligaweit die meisten Tore geschossen, die wenigsten kassiert. Die Form dazu hatte sich die Mannschaft damals schon vor der Saison erarbeitet. „Der Weg des Erfolges muss irgendwo anfangen“, sagte er dem Team. Und wenn es bei einem Vulkanausbruch in den Alpen ist.

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