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© City-Press GmbH

Herthas Trainer: Rollenwechsel eines Feuerwehrmanns

Hertha BSC bietet Friedhelm Funkel die Chance, sein Image als Trainer zu verbessern. Seine 320 Bundesligapartien als Spieler und die 20 Jahre im Trainergeschäft bringen ihm bei Herthas Spielern einen Vertrauensvorschuss.

Pal Dardai fährt mit dem Auto über das weitläufige Vereinsgelände von Hertha BSC, das Training an diesem nasskalten Freitagmittag beginnt in einer Stunde. „Auf diesem ganzen Gelände kann uns eigentlich nur einer etwas über Fußball erzählen“, sagt Herthas 33 Jahre alter Mittelfeldspieler. „Und das ist Friedhelm Funkel.“ 320 Bundesligapartien als Spieler, 20 Jahre lang im Trainergeschäft – aus diesem Erfahrungsschatz kann sich Herthas neuer Trainer bedienen. Diese 20 Jahre geben Funkel so etwas wie einen Autoritätsvorschuss bei den Spielern, die ihm für diese Bilanz Respekt zollen. Funkel stand nie für das schöne Spiel, für die große Kreativität, aber umso mehr für Effizienz, Kampfgeist, für Schweiß und harte Arbeit. Deshalb haben sie ihn ja auch geholt bei Hertha, er verkörpert jene Tugenden, die im Abstiegskampf nötig sind.

Man müsse Friedhelm Funkel jetzt „nur zuhören und machen, was er erzählt“, sagt Dardai. Natürlich sei damit aber noch nicht alles getan: „Um da unten bald rauszukommen, brauchen wir einen Punkt oder drei Punkte in Nürnberg, das ist ganz klar.“ Ein Punkt ist eigentlich eher zu wenig. Denn das Spiel des Tabellenletzten Hertha beim Vorletzten Nürnberg gilt als bedeutsame Partie im Kampf gegen den Abstieg. Sollte Hertha verlieren, wird es auf jeden Fall längere Zeit schwer, wieder auf einen rettenden Platz zu kommen.

Funkel ist nun seit zwei Wochen Hertha-Trainer, und wenn man so will, ist das Spiel in Nürnberg sein erstes. Schon einen Tag nach seinem Antritt spielte Hertha gegen Hamburg (1:3). „Es zeigt seinen Mut, dass er sich da überhaupt schon auf die Bank und nicht auf die Tribüne gesetzt hat“, sagt Dardai. Frühestens gegen Nürnberg könne man erste Einflüsse des Trainers auf seine Mannschaft beobachten.

Gegen Hamburg hatte Funkel taktisch noch fortgesetzt, was seine Vorgänger Lucien Favre und Interimstrainer Karsten Heine vorgegeben hatten. In Nürnberg werde es „schon die eine oder andere Veränderung geben“, sagt Funkel. Natürlich will der 55-Jährige noch keine Details verraten. Allerdings bevorzuge er die Spieler, die Erfahrung im Abstiegskampf mitbringen. In Herthas jungem Kader sind das eigentlich nur Arne Friedrich, Artur Wichniarek und Dardai.

Jaroslav Drobny fällt gegen Nürnberg aus

Auf Jaroslav Drobnys Routine müssen die Berliner verzichten. Nach dem Training am Freitag wurde entschieden, dass er nicht mit der Mannschaft nach Nürnberg reist. Der 19 Jahre alte Sascha Burchert wird ihn vertreten. Burchert hatte mit seinen zwei berühmten Kopfbällen im Spiel gegen den HSV zuletzt unglücklich ausgesehen. Funkel aber redet seinen Torwart stark. Gegen den HSV habe die Mannschaft ihn „ein Stück weit im Stich gelassen“. Burchert habe sich im Training „sehr gut präsentiert“.

Auch sonst bestand Funkels Hauptaufgabe in den vergangenen zwei Wochen darin, seinen Spielern ihr Selbstvertrauen zurückzugeben. Der Trainer habe viele Gespräche geführt, um die Profis aufzurichten. Funkel erzählt das in dem für ihn typischen sehr ruhigen Ton. Wenn ihm etwas wichtig ist, dann zieht er die Augenbrauen leicht nach oben. Die tiefen Furchen im Gesicht wollen im ersten Moment eigentlich gar nicht so recht zu der freundlichen Erscheinung Funkels passen. Die Mannschaft hat ihn bisher jedenfalls als „sehr positiv“ erlebt, erzählt Verteidiger Marc Stein. Selbst auf dem Platz ging es für Funkel vor allem um Selbstvertrauen. „Wir haben viel mit dem Ball gemacht. Die Spieler sollten zum Torabschluss kommen, nach Flanken oder auch nach Spielzügen. Das bringt Sicherheit“, sagt Funkel.

Hertha hat sich mit der Verpflichtung von Funkel ehrlich gemacht und den Kampf gegen den Abstieg angenommen. Aber was bedeutet das eigentlich für Friedhelm Funkel? Bislang hat ein Großteil der Öffentlichkeit seinen Namen mit Duisburg oder Frankfurt in Verbindung gebracht, zwei lange Stationen in seiner Trainerkarriere. Mit Klubs also, die für viele Fans den Abstiegskampf gefühlt schon im Vereinsnamen tragen. Hertha ist für Funkel die Chance, sein Image zu ändern. Auch wenn ihn dieses Image „gar nicht stört. Und außerdem stimmt es ja auch nicht. Ich bin kein Feuerwehrmann.“ Das würden nur Leute behaupten, die sich nicht mit seiner Arbeit beschäftigt hätten.

Funkels Vertrag bei Hertha läuft bis Saisonende; wenn er den Klassenerhalt schafft, verlängert er sich um ein Jahr. Schaden würde ein längerer Aufenthalt in Berlin Funkels Image sicher nicht.

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