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Sport: Hockey: Intelligenter als die Fußballer

Spurensuche am dritten Advent. Nicht der Weihnachtsmann soll aufgespürt werden, nein, nein, es geht um irdische Dinge.

Spurensuche am dritten Advent. Nicht der Weihnachtsmann soll aufgespürt werden, nein, nein, es geht um irdische Dinge. Das Wesen des Hockeyspielers wollen wir ergründen. Beweise dafür sammeln, dass alles, was man sich über die Hockeyfamilie erzählt, die Wahrheit ist. Aus Vorurteilen sollen Fakten werden. Hockeyspieler und -fans, den Unwissenden sei es hier verraten, sind nämlich grundsätzlich Studenten, ihre Eltern Akademiker, Geld ist vorhanden, die Autos sind eher dick als dünn.

Nur riesige Zuschauermassen zieht der gebildete Nachwuchs nicht an, normalerweise. Bei den Damen sind es in der Halle manchmal nur 20 Enthusiasten, bei den Herren selten mehr als 100. Gestern war alles anders. Im Horst-Korber-Zentrum spielten sämtiche Berliner Erst- und Zweitligisten hintereinander, neun Spiele in zehn Stunden (Ergebnisse auf Seite 22). Weihnachts-Hockey nannte sich das Ganze, und weil so viele Spieler anwesend sein mussten, gab es zugleich auch immer fachkundige, jubelnde Zuschauer. Plus Mamis, Papis und Kinder, alle hockeyverrückt.

Aber zurück zur Ausgangsfrage. Das erste Rechercheergebnis ist ernüchternd. Auf dem Parkplatz tendiert die Zahl der großen Schlitten gegen Null. Null! Viele Mittelklassewagen, enttäuschend. Was sind Hockeyspieler denn nun für Wesen? "Sie sind spontan und chaotisch im Sinne von kreativ", sagt Jürgen-Michael Glubrecht, auf der Homepage des Berliner SC als Webmaster ausgewiesen. "Hockey ist in der bürgerlichen Schicht weiter verbreitet", sagt er. Wenigstens etwas, was stimmt. Die meisten Vereine sind in Zehlendorf und Wilmersdorf beheimatet. Oft werden die Kinder in den Hockey-Clan hineingeboren, die Eltern spielen und schleppen die Kinder auf den Platz. Der Sport verbreitet sich im Dominosystem - im Familien -und Freundeskreis.

Dass Außenstehende sich zum Hockey verirren, ist selten, "nur Hockeyspieler gucken Hockey im Fernsehen. Das versteht ja keiner, das Spiel ist viel zu schnell", meint die 20-jährige Inga vom BSC. Die Mutter von Mannschaftskollegin Heike rekrutiert die Minis in dem Kindergarten, in dem sie arbeitet. Und aus Wilmersdorfer Kleinkindern werden eben tatsächlich häufiger Studenten als aus Weddinger Kiezkids.

Intelligenter als Fußballer sollen sie sein, die Hockeyspieler. "Klar", ruft Heike sofort und muss wie ihre Kolleginnen kichern, "Fußball ist ein Arbeitersport." Dass man zum Hockey ziemlich schlau sein muss, findet auch Steffen, 18-jähriger Azubi (es gibt also nicht nur Studenten) vom Mariendorfer HC. "Hallenhockey ist technisch anspruchsvoll, die Koordination mit dem Schläger ist nicht einfach", sagt er. "Beim Fußball hat man halt nur seine Füße." Nicht böse gemeint ist das - aber ernst. Schlaue Hockeyspieler, doofe Fußballer? Protest kommt von einer - nicht spielenden - Mutter. Wenn Sport etwas mit Intelligenz zu tun hätte, "dann müssten alle Boxer verrückt sein, so wie die sich eins auf die Nase hauen." Mehr rumgebrüllt werde beim Fußball, sagt ein Vater allerdings, "Hockey ist nicht so ordinär." Es gebe tatsächlich Eltern, denen Fußball zu proletenhaft sei. Es soll schon was Besseres sein, ohne Kraftausdrücke und Dreck und schmerzende Zweikämpfe.

Tennis ist häufige Zweitsportart der Hockey-Jugend. In Hamburg kommt Golf dazu. Überhaupt Hamburg. Immer wieder wird die Stadt genannt, dort sei ja alles viel extremer. Hockey als Sport der Reichen. Bestimmt gibt es dort die großen Autos vor den Hallen. Aber auch für Berlin besteht Hoffnung Im Februar findet die Deutsche Hallenmeisterschaft der Herren hier statt. In der Max-Schmeling-Halle, wo sonst Alba spielt. 7800 Zuschauer sollen kommen. Zum Hockey! Die Chance für viele Schlitten. Aber auch für nicht studierende Wesen ohne gut situierte Eltern. Für Neugierige, die sich dem Happening mit Love-Parade nicht entziehen können. Die Spurensuche geht weiter.

Helen Ruwald

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