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Schal-Attacke. Dietmar Hopp geriert sich in Hoffenheim bisweilen wie ein Fan – leidenschaftlich und nicht immer professionell.

© dapd

Hoffenheim: Hopps Welt

Der Software-Milliardär möchte gern im großen Fußball mitreden. Für seinen Klub Hoffenheim wird das langsam zum Problem.

Die „Riviera Côte d’Azur Zeitung“, kurz RCZ, leistet sich eine eigene Perspektive. Dietmar Hopp, heißt es in der Augustausgabe der deutschsprachigen Publikation in Nizza, „gibt fast keine Interviews. Für die RCZ macht er eine Ausnahme.“ Die Flut der Ausnahmen, mit der der Sportmäzen Hopp in seiner Heimatregion seit Tagen für Unruhe sorgt, ignorierte man und feierte stattdessen ein „exklusives Interview“ mit dem Golffreund Hopp über dessen Golfressort unweit der Stadt. Bei der TSG 1899 Hoffenheim betrachtet man die Auskunftsfreudigkeit des Milliardärs und Klubmäzens nicht immer mit vergleichbarer Begeisterung. Die Akustikattacke und ihre Folgen zeigen: Mitunter wird der 71-Jährige Förderer sogar zum Problem des Klubs, der versucht, das Image des Retortenvereins zu zerstreuen. Obwohl Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln, verteidigte Hopp den oder die Mitarbeiter des Klubs, die bei mindestens fünf Bundesligaspielen gegnerische Fans mit schrillen Tönen beschallt haben sollen, um Schmährufe gegen Hopp zu übertönen.

„Wir wollen in Zukunft versuchen, verstärkt zu transportieren, was uns ausmacht und wer was macht bei uns im Klub“, sagt Alexander Waldi, der „Beauftragte für Sonderprojekte“ in Hoffenheim. Derzeit konzentriere sich in der Außenwahrnehmung gerade aus der Ferne „viel auf Dietmar Hopp“. Es war auch Hopp, der Waldi von der von ihm mitgegründeten Softwarefirma SAP weglotste. Der 41-Jährige soll nun ergründen, wie Hoffenheims Image und das interne Betriebsklima aufpoliert werden können.

Aber auch Waldi stößt an seine Grenzen – an die, die Hopp setzt. Während Waldi versucht, die Aufmerksamkeit von ihm wegzulenken, streute Hopp munter Aussagen unters Volk, die den Eindruck verstärken: Hopp ist der Boss und noch näher an den Klub herangerückt. Mit großer Verärgerung soll der Geldgeber auf die Finanzpolitik der früheren Klubführung um Manager Jan Schindelmeiser und Trainer Ralf Rangnick reagiert haben, die Spieler mit überzogenen Verträgen ausgestattet hätten. Hopp habe sich ausgenützt gefühlt und deshalb Machtstrukturen verändert. In Frank Briel machte er einen weiteren Ex-SAPler neben dem neuen Manager Ernst Tanner zum Geschäftsführer. Hopp installierte außerdem einen Beirat, der mit Vertrauen besetzt ist und die Aktivitäten im Klub kontrolliert.

Einen Medienberater dagegen, der seine Äußerungen steuert, lehnt Hopp ab. Von den dadurch ausgelösten Turbulenzen schien man sich im Kraichgau vor allem durch die Verpflichtung des geerdeten, kumpelhaften Trainers Holger Stanislawski zu erholen. Bis die Schall-Affäre mitten hineinplatzte und Hopp Aufmerksamkeit – bewusst oder nicht – darauf lenkte, dass er nach Investitionen von insgesamt 240 Millionen Euro die Richtung bestimmt. Damit entfachte er die Diskussion aufs Neue, ob der Investor nicht doch gegen die 50+1-Regel verstößt, weil er sich ins Alltagsgeschäft einmischt. Statt auf Distanz zu gehen, machte er sich öffentlich Sorgen um die Zukunft des Akustikattacken-Täters, während man sich im Verein bemühte, eine Entschuldigung an die Dortmunder Fans zu formulieren. Er wäre „todunglücklich“, wenn der Hausmeister seinen Job verlöre, sagte Hopp. Eine solide Öffentlichkeitsarbeit macht er in jedem Fall unmöglich. Zumindest in der Region aber löst das kaum Widerspruch aus. Im Gegenteil. Die örtliche Rhein-Neckar- Zeitung witterte in der Kritik an Hopp gar eine „Kampagne gegen Hoffenheim“.

Auf Seite 2: Hopp verpasst ein unerwünschtes Image

In Hoffenheim umgibt Hopp ein Kreis alter Freunde, die dort die „Einflüsterer“ genannt werden. Die meisten stammen aus der unmittelbaren Umgebung und haben Hopp schon zu Zeiten des Amateurfußballs begleitet. Winfried Rothermel ist einer seiner engsten Freunde und Chef eines Verlags in Heidelberg. Oder Gerd Oswald, der heutige SAP-Chef. Sie sind mit dabei, wenn es auf Tour geht, zu Auswärtsspielen der TSG Hoffenheim. Früher fuhr man mit einem Kleinbus, heute lässt Hopp den Jet klarmachen. Gemeinsam kopiert man die gute alte gemeinsame Zeit im Amateurfußball in die Gegenwart der Bundesliga.

Mit Millionenspenden für Krankenhäuser, Forschung, unzählige soziale Projekte, Nachwuchsförderung in Sport und Schule und nicht zuletzt durch seine Stiftung hat Dietmar Hopp zweifellos Gutes getan. Auch an der Côte d’Azur fließt er harmonisch in die Golfwelt ein. Ob er aber in die taktierende Welt des Profifußballs passt, ist eine andere Frage.

Zweifel daran kamen im Winter auf. Hopp verkaufte Hoffenheims besten Spieler Luiz Gustavo ohne Wissen des Trainers Rangnick an Bayern München. Hopp begründete den Deal mit emotionalen Gesichtspunkten und schob später finanzielle Zwänge nach. Seine Kritiker glauben, der glühende Bayern-Verehrer Hopp habe sich von den cleveren Münchnern bei dem Transfer allzu leicht lenken lassen. Das Signal, das Hopp mitten in der Saison an den eigenen Klub aussandte, war fatal. Rangnick ging, und die TSG irrte monatelang orientierungslos durch die Liga, weil sie von Hopp vom ambitionierten Europapokal-Anwärter zum Mittelklasse-Ausbildungsverein herabgestuft worden war.

Derweil bemüht man sich im Kraichgau, den Schaden rund um die Schall-Affäre zu reparieren. „Vielleicht müssen wir lernen, manches zu akzeptieren, was in der Bundesliga üblich ist, und gelassener darauf reagieren“, sagt Alexander Waldi. Manager Tanner fügt an: „Es hat definitiv einen Imageschaden gegeben. Vielleicht haben wir in der Vergangenheit auch einen Beitrag dazu geleistet, dass ein Bild nach dem Motto entstanden ist, wir würden uns alles mit Geld kaufen.“ Mal sehen, was Dietmar Hopp dazu sagt.

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