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Schau für mehr Toleranz. Klaus Wowereit und Theo Zwanziger eröffneten die Ausstellung im Roten Rathaus. Foto: ddp

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Homosexualität im Sport: Zwischen Ablehnung und Integration

Am Dienstagabend wurde im Roten Rathaus die Ausstellung "Gegen die Regeln – Lesben und Schwule im Sport" eröffnet. Eine kleine, aber informative Schau über Homophobie im Sport.

Berlin - Manchmal muss man kleine Tricks anwenden, um Leute auf gesellschaftliche Probleme aufmerksam zu machen. „In das Rathaus kommen viele Menschen, doch wer in den Säulensaal möchte, der muss durch diese Ausstellung“, sagt Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit, „das ist ein kleiner pädagogischer Kniff.“

Wowereit hat am Dienstagabend die Ausstellung „Gegen die Regeln – Lesben und Schwule im Sport“ im Roten Rathaus eröffnet. Auf 37 Bannern wird in dieser kleinen, aber informativen Schau das Problem der Homophobie im Sport geschildert. Es werden Diskriminierungen von Sportlern beschrieben, die beim Betrachten der Jahreszahlen noch ziemlich nah wirken. So überlegten 1995 deutsche Fußball-Nationalspielerinnen, an den schwul-lesbischen Euro Games teilzunehmen. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) drohte ihnen mit dem Rauswurf, wenn sie dies tun würden.

Auch erfährt der Besucher mehr über Veranstaltungen wie die Gay Games, ein seit 30 Jahren an die Olympischen Spiele angelehntes Sportturnier. Dieses Jahr finden die Gay Games vom 31. Juli bis zum 7. August in Köln statt. Die Vorstellung von bekannten Athleten, die sich geoutet haben, zeigt, dass Homosexualität im Sport kein einzelnes Phänomen ist.

Es ist kein Zufall, dass der Fußball in der Ausstellung einen eigenen Abschnitt besitzt. Er bildet immer noch eine viel zitierte und diskutierte Ausnahme. In Deutschland ist einzig der frühere Amateurspieler Marcus Urban durch sein 2008 veröffentlichtes Buch bekannt, in dem er sein Leben als schwuler Fußballspieler in den Neunzigerjahren beschreibt. Urban war Gast der Eröffnung und wird auch am Sonntag um 12 Uhr an einer Diskussion in der Berliner Schaubühne zum Thema Homosexualität im Fußball teilnehmen. Im Profifußball lässt das Coming-out eines Spielers noch auf sich warten – trotz vermehrter Beratungsangebote, zahlreicher schwuler Fanklubs und regelmäßiger Aktionstage für sexuelle Toleranz in Fußballstadien. Zu groß scheint dennoch die Angst davor zu sein, sich in diesem Männersport zu seiner sexuellen Neigung zu bekennen. Wenn der ehemalige Fußballmanager Rudi Assauer homosexuellen Spielern abrät, sich zu bekennen, weil man sie dann „platt“-machen würde, klingt dies zwar plump, ist aber offenbar nicht weltfremd.

Im Amateurbereich zeigt die Aufklärungsarbeit laut Zwanziger bereits erste Erfolge

DFB-Präsident Theo Zwanziger weiß um die Defizite seiner Sportart. „Der Fußball hat seine Fehler und Schwächen, aber er ist auch eine Chance“, sagt Zwanziger, der die Ausstellung miteröffnet hat. Um homosexuellen Spielern und Spielerinnen zu helfen, engagiert sich der DFB seit einigen Jahren stärker im Kampf gegen Homophobie, Rassismus und Diskriminierung. Seine weltweite Popularität und seine Fähigkeit zur Integration und Verständigung machten den Fußball zu einem wirksamen Mittel, um rassistischen Vorurteilen und homophobem Denken entgegenzuwirken, sagte Zwanziger. Der Präsident betonte, dass in der Satzung seines Verbandes festgehalten sei, dass sich der DFB entschieden gegen jede Form von Diskriminierung einsetzt.

Im Amateurbereich zeigt die Aufklärungsarbeit laut Zwanziger bereits erste Erfolge. Er habe schon viele E-Mails von homosexuellen Spielern bekommen, die sich in ihrem Team geoutet haben, ohne dass es sich für sie negativ ausgewirkt hätte. Einer sei inzwischen sogar Mannschaftskapitän.

Diese Einzelfälle könnten ein kleines Indiz dafür sein, dass sich der Fußball tatsächlich langsam öffnet. In vielen anderen Bereichen hat die Gesellschaft ihre Haltung zur sexuellen Orientierung schon stärker geändert, für jeden sichtbar. Der organisierte Sport, das zeigt die Ausstellung im Roten Rathaus, muss sich noch intensiver mit Homosexualität und Aversionen gegen Schwule und Lesben beschäftigen und sexuellen Minderheiten mehr Toleranz entgegenbringen. Deshalb wird es wohl noch eine gewisse Zeit dauern, bis der erste Bundesliga-Profi öffentlich zu sagen wagt: „Ich bin schwul.“

Christoph Drescher

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