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Sport: HSV: Mitten im Reich der Dukaten-Esel (Kommentar)

Schon die Anstoßzeit war unpassend. Wer schläft denn schon gerne um 19.

Von Karsten Doneck, dpa

Schon die Anstoßzeit war unpassend. Wer schläft denn schon gerne um 19.47 Uhr vor seinem Fernseher ein? Da war gerade Halbzeit bei Bröndby Kopenhagen gegen Hamburger SV, und was bis dahin auf dem Rasen geschah, erzielte dieselbe Wirkung wie eine rezeptpflichtige Schlaftablette. Qualifikation zur Champions League - wer da noch rassige Spiele mit verbissenem Kampf, verwirrenden Tricks, zackigen Kombinationen und atemberaubenden Strafraumszenen im Minutentakt erwartet, der ist ein hoffnungsloser Fußball-Romantiker. Wo längst ökonomische Gesichtspunkte im Vordergrund stehen, wird auch ökonomisch gespielt.

Wer die Schleuse zur Champions League passiert, landet direkt im Reich der Dukaten-Esel. 15 Millionen Mark sind schon mal als Einnahme garantiert, wenn ein Verein die Qualifikation schafft. Erfolgsabhängig lässt sich der Geldsegen auf bis zu 35 Millionen Mark steigern. Selbst verwöhnte Profis scheinen angesichts solch prallvoller Geldkoffer weiche Knie zu bekommen, sonst hätten Kopenhagener und Hamburger Topfußballer den Zuschauern im Stadion und an den Bildschirmen ja wohl kaum ihr Fehlpass-und-Ball-ins-Aus-Festival vorgeführt.

Dem HSV kann derlei Kritik schnurzegal sein. Der 2:0-Sieg in Dänemarks Metropole sichert den Hamburgern, die sich ja ohnehin am Tor zur Welt wähnen, endlich wieder den Zugang zu Europas bekanntesten Fußball-Stätten. Aber Kopenhagen erlebte auch 90 Minuten lang Werbung. Dafür nämlich, die Champions League doch bitte in Zukunft wieder den Champions zu überlassen. Das Risiko, auch von den Meistern eines jeden Landes nur fußballerisches Trockenfutter serviert zu bekommen, wäre nicht ganz ausgeschaltet, aber vielleicht etwas gemindert.

Irgendwie muss die HSV-Vorstellung in Kopenhagen aber auch einen positiven Werbeeffekt gehabt haben. Gestern meldete der Verein, er habe seine 20 000. Dauerkarte für die neue Saison verkauft. Manchen Fan kann eben nichts schrecken.

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