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Eisbären-Coach Jackson: "Ich bin kein Diktator"

Eishockeytrainer Don Jackson spricht mit dem Tagesspiegel über seinen Arbeitsstil, seine Reiselust und die Titelchancen der Eisbären.

Herr Jackson, am Freitag haben Sie mit den Eisbären die Tabellenführung zurückerobert. Steht Ihr Team zu Recht wieder ganz oben?

Das Ziel ist klar, wir wollen in der besten Position sein. Aber trotzdem waren wir in diesem Jahr zwischendurch nur auf dem zweiten Platz, natürlich hat mich das geärgert.

Ihre Mannschaft hatte vor dem 4:3 am Freitag in Ingolstadt einen kleinen Einbruch hinter sich. Von neun Spielen konnte sie nur drei gewinnen...

Der Grund dafür ist einfach: Wir sind gerade in einer Phase, in der uns der Killerinstinkt fehlt.

Was meinen Sie damit genau?

Was antwortet man, wenn man ein kleines Tief hat? Erst einmal muss man sich fragen, ob es normal ist, mal einen Durchhänger zu haben. Und da ist die Antwort einfach. Natürlich ist das nicht anormal, Schwächephasen zu haben in einer so langen Saison. Eishockey ist ein kräftezehrender Sport. Wir teilen uns die Saison in Segmente zu je fünf Spielen ein. Ziel ist es, mindestens drei von fünf Spielen pro Segment zu gewinnen. Das ist uns zuletzt zweimal nicht gelungen. Doch trotzdem sind wir nun wieder auf dem ersten Platz.

Weil die Konkurrenz Nerven gezeigt hat...

Sicher, das stimmt. Ich will ja auch nichts beschönigen. Wenn Sie mich fragen, ob es weh tut, so eine Negativserie zu haben, dann antworte ich mit ja. Wir wollen zurückkommen, keine Frage. Geduld, Verantwortung und Disziplin sind die Schlüsselworte. Wenn du das nicht hast, funktionierst du nicht als Team.

Zuletzt hat es Kritik an Ihrer Person gegeben, weil Sie aus privaten Gründen in die USA geflogen sind. Sie haben darauf sehr dünnhäutig reagiert. Waren Sie Kritik aus Ihrer zweijährigen Amtszeit als Trainer in Düsseldorf nicht gewohnt?

Das würde ich nicht sagen. Aber natürlich kann mediale Kritik ein Problem darstellen – auch wenn die Kritik positiv ausfällt. Darüber rede ich oft mit meinen Spielern, besonders mit unseren deutschen Spielern, die die Zeitungen ja oft sehr gründlich lesen. Wenn sie ein paar Tore geschossen haben, dann werden sie da oft viel zu schnell hochgejubelt. In solchen Situationen dürfen sie sich nicht zu wohl fühlen, denn es kann schnell wieder abwärts gehen. Die Fans und die Medien sind unglaublich wichtig für uns, aber Fans und Medien sind ein sehr emotionales Völkchen. Ihre Erwartungen sind manchmal sehr hoch.

Sie wirkten zuletzt allerdings auch so, als spielten Emotionen für Sie eine große Rolle. Anfang Januar reisten Sie plötzlich für eine Woche in Ihre Heimat USA. Während des laufenden Spielbetriebes, so etwas ist doch eher ungewöhnlich. Sie verpassten zwei Spiele und gaben für Ihre Reise nach Kansas „Teenagerprobleme“ Ihrer Tochter als Grund an.

Die Reise war eine persönliche Entscheidung. Jeder, der Familie hat, weiß, wie schön es ist, mit ihr zusammen zu sein.

Und es ist schön, wenn man einen Klub und mit Peter John Lee einen Manager hat, der einem diese Reisen gestattet. Im November waren Sie während der Ligen-Spielpause in den USA, jetzt wollen Sie im Februar während der Länderspielpause in der Liga wieder in Ihre Wahlheimat Kansas. Hat Ihr Klub Ihnen die Reisen vertraglich zugesichert?

Nein, wenn wir frei haben, haben wir frei. Die Reise im Januar war eine Ausnahme. Aber das ist jetzt kein Punkt, den ich besonders gründlich ausbreiten möchte in der Öffentlichkeit.

Ein halbes Jahr sind Sie nun in Berlin, wie fällt denn Ihr Fazit der Zeit bei den Eisbären aus ?

Gut, die Mannschaft, die ich betreue, hat viel Potenzial. Seit fünf Jahren gibt es hier bei den Eisbären ein Programm, das junge Spieler ausbildet. Wir haben viele Talente, die nach oben kommen werden, das steht außer Frage.

Das Programm zur Nachwuchsförderung hat Ihr Vorgänger initiiert. Im Gegensatz zu Pierre Pagé wird Ihnen ein gutes Verhältnis zu den Spielern nachgesagt...

Ich lasse die Spieler im Training erst mal machen und greife nicht sofort ein. Ich habe mir zum Beispiel angeschaut, wie das Überzahlspiel funktioniert, dann haben wir zusammen über Lösungen gesprochen und diskutiert, wie wir etwas verbessern können. Ein Diktator bin ich nicht. Pierre hatte hier immer Visionen. Ich treffe Entscheidungen von Tag zu Tag. Eishockey ist doch ein Tagesgeschäft, Fans und Medien interessieren sich vor allem für das jüngste Ergebnis. Aber natürlich denken wir auch mal über die Saison hinaus nach, so ist es ja nicht.

Also auch an den Umzug in die neue Arena am Ostbahnhof? Da müssen Sie dann 14 000 statt 5000 Zuschauer zum Gang in die Halle bewegen können.

Nein, müssen wir nicht. Wir denken an den sportlichen Teil. Wir müssen uns überlegen, was wir auf dem Eis machen wollen. Trotzdem ist es natürlich auch schön, dass wir zur neuen Saison in die Arena umziehen. Ich werde es ja miterleben, ich habe hier in Berlin einen Vertrag über zwei Jahre.

Wäre es da nicht besser, Ihre Familie zöge deswegen nach Berlin?

Ich mache solche Entscheidungen immer mit meiner Frau zusammen. Sie wusste, worauf sie sich eingelassen hat. Natürlich ist es schwer, lange getrennt zu sein. Doch wie gesagt, das ist meine Privatsache.

Wie sehen denn Ihre beruflichen Ambitionen für den Rest der Saison aus? Zuletzt wirkten Ihre Spieler ja oft etwas müde, Ihnen wurde schon mal vorgeworfen, dass Sie zu kräftezehrend spielen lassen und nur drei statt vier Sturmreihen einsetzen.

Das ist doch Quatsch. Wir sind fit genug. Fragen Sie doch einen Steve Walker, wie er sich fühlt. Der Junge hat mit Abstand am meisten gespielt, und er hat mir gesagt, dass er sich noch nie so gut gefühlt hat wie jetzt. Das Verhältnis zwischen Praxis und Regeneration muss stimmen, und es stimmt bei uns. Natürlich kommt uns jetzt die Länderspielpause wegen der Nationalmannschaft im Februar entgegen, da werden sich zumindest die ausländischen Spieler regenerieren können. Auch daher ist mir nicht bange vor den Play-offs. Für uns ist in dieser Saison vieles möglich. Aber eines ist klar: Ich will mit den Eisbären Deutscher Meister werden, da hat sich an meinen Ambitionen in sechs Monaten Berlin nichts verändert.

Das Gespräch führte Claus Vetter.

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