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Sport: „Ich hatte sie noch nie in der Hand“

Klaus Fischer soll am Samstag die Meisterschale überreichen – in Kopie, wenn Schalke Erster wird

Herr Fischer, wir wollen mit Ihnen über die Meisterschale reden. Wie fühlt die sich eigentlich an?

Das kann ich Ihnen leider nicht sagen. Ich hatte Sie auch noch nie in der Hand. Aber wenn Schalke Meister wird, werde ich die Schale übergeben. Das hat mir die DFL zugesichert.

Glauben Sie, das Ding ist schwer?

Weiß ich nicht. Wir wären bestimmt stark genug, um sie nach oben zu hieven. Das haben schon andere geschafft, und mir würde das mit Sicherheit auch gelingen.

Selbst wenn Schalke doch Meister wird, würden Sie am Samstag aber nur eine Kopie überreichen.

Stuttgart hat zwei Punkte Vorsprung, spielt zu Hause gegen Cottbus – da ist es die einzige logische Entscheidung, dass das Original nach Stuttgart geht. Aber wenn wir es doch noch schaffen, würde die richtige Schale ja irgendwann nach Schalke kommen. Vielleicht darf ich sie dann mal anfassen.

Fühlen Sie sich als Schalenüberreicher zweiter Klasse?

Das wäre mir egal. Ich könnte auch einen Bierdeckel überreichen – Hauptsache, wir werden Deutscher Meister.

Sind Sie schon über die Abläufe informiert worden?

Bisher noch nicht. Ich weiß gar nicht, ob ich überhaupt runter aufs Feld muss. Wenn wir Zweiter werden, kann ich mir das nicht vorstellen.

Sind Sie aufgeregt?

Das kommt auf die Situation an. Wenn Stuttgart hinten liegt – ganz bestimmt. Aber wenn Stuttgart führt, braucht man nicht mehr aufgeregt zu sein.

Haben Sie sich schon überlegt, was Sie zu Marcelo Bordon, Schalkes Kapitän, sagen würden?

Herzlichen Glückwunsch, wahrscheinlich. Ich weiß nicht, ob ich überhaupt etwas sagen muss. Das ist nicht die Situation, um lange Reden zu halten. Ich würde wohl zusehen, dass ich die Schale schnell los werde, damit der Kapitän sie den Fans zeigen kann. Ich bin da nicht wichtig.

Was würde Ihnen der Titel bedeuten?

Ich würde mich riesig freuen, für die Spieler, die Fans und die Mitarbeiter des Vereins, die viel dafür getan haben. Ich lebe seit 1970 in Gelsenkirchen, ich bin dem Klub eng verbunden.

Die Mannschaft hat es nach der Niederlage in Dortmund nicht mehr selbst in der Hand. Haben Sie am Samstag gedacht: typisch Schalke?

Was heißt typisch Schalke? Ich weiß auch nicht, warum uns das nicht gelingt. Vielleicht hat der Fußballgott doch kein blauweißes Herz. Man redet das so daher. Aber im Endeffekt liegt es immer an der Mannschaft selbst. Niemandem sonst kann man einen Vorwurf machen.

Haben Sie die Meisterschale schon einmal verflucht?

Tja, wenn du 20 Jahre in der Bundesliga gespielt hast, als Torschütze erfolgreich warst und Nationalspieler – da wünschst du dir schon, dass du die Schale irgendwann einmal in Händen halten darfst. Wir waren zweimal nahe dran, haben es aber leider nicht geschafft.

Welche Erinnerungen haben Sie daran?

1972 hätten wir am letzten Spieltag in München gewinnen müssen – gegen eine damals allerdings überragende Bayern-Mannschaft mit Beckenbauer, Maier, Müller und so weiter. Wir haben 1:5 verloren. 1977 hätte Gladbach am letzten Spieltag in München verlieren müssen, dann wären wir Meister geworden. Da war es leider nicht in unserer Hand.

So ist es auch diesmal, und so war es 2001. Wie haben Sie die Meisterschaft der Herzen miterlebt?

Ich war damals im Parkstadion, das war mit das Schlimmste, was ich mitgemacht habe. Die Fans haben schon den Titel gefeiert, und auf der Anzeigetafel wird das Tor der Bayern gezeigt. Das kann man sich nicht vorstellen. Die Leute konnten nichts mehr sagen. Die haben geweint. Das war niederschmetternd. Für mich auch.

Haben Sie damals gedacht: Die schaffen das nie mehr?

Nein. Es wird der Tag kommen, an dem Schalke Deutscher Meister wird. Da bin ich mir ganz sicher. Und den Tag werden wir beide noch erleben.

Das Gespräch führte Stefan Hermanns

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