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Sport: „Ich mache weiter“

Radsport-Präsident Rudolf Scharping über die Turbulenzen und Rücktritte in seinem Verband

Herr Scharping, in gut einer Woche beginnt die Radsport-WM in Stuttgart, aber im Bund Deutscher Radfahrer geht es drunter und drüber. Ein Vizepräsident ist zurückgetreten, die Anti-Doping-Kommmission hat ihre Arbeit eingestellt, die Kritik an Ihrer Person wird immer lauter.

Wer im Radsport nur mit Rückenwind fahren will, sollte nicht antreten.

Aber der Gegenwind ist so stark, dass Sie gar nicht mehr vorwärtskommen.

Was da derzeit alles so erzählt wird, ist so was von außerhalb der Realität, mehr muss ich dazu eigentlich nicht sagen.

Die Anti-Doping-Kommission Ihres Verbandes mit Stephan Netzle, Richter am Internationalen Sportgerichtshof, dem Biochemie-Professor Fritz Sörgel und Schwimm-Olympiasieger Michael Groß hat hingeworfen, weil Sie weder ein Statut noch klare Aufgaben vorgelegt hätten.

Das ist falsch. Am 30. Mai hat der BDR die Aufgaben schriftlich bestätigt. Am 13. Juni gab es ein Gespräch zwischen Sörgel, Netzle und mir. Am 13. Juli hat Sörgel selbst Arbeitsauftrag und Umfang der Presse vorgestellt.

Und warum gibt es Streit über die Finanzen? Wurde darüber nicht gesprochen?

Keiner hatte Einwände gegen eine Vergütung des Kommissionsvorsitzenden. Aber dann wurde eine Kalkulation vorgelegt über 375 000 Euro plus Mehrwertsteuer, insgesamt fast 450 000 Euro. Für jedes Mitglied war ein Tagessatz von 1700 Euro plus Mehrwertsteuer und Spesen kalkuliert. Für die verabredete Arbeit bis April 2008 wären das 55 000 Euro pro Monat gewesen. Das sind über 20 Prozent unseres ordentlichen Haushaltes. Das konnten wir nicht bezahlen.

Haben Sie das der Kommission gesagt?

Ja sicher. Wir haben in einer Telefonkonferenz den Aufwand auf 200 000 Euro zu reduzieren versucht. Das wurde auf Kommissionsseite akzeptiert. Das BDR-Präsidium hätte es notfalls der Kommission überlassen, wie sie das Geld untereinander verwenden. Aber dann hat Herr Netzle einen Brief geschrieben, dass die Kommission ihre Arbeit einstellt.

Dass die Kommission hinwirft, ist dennoch ein schwerer Rückschlag für Sie.

Ach Gott, ich habe schon so viel erlebt. Fakt ist: Die Kommissionsarbeit war begonnen und wurde aus rein finanziellen Gründen eingestellt. Alles andere ist vorgeschoben. Die haben gemerkt, dass die Aufgabe keine Einnahmequelle ist.

Wie steht es denn um die Finanzen beim BDR, über die heftig spekuliert wird?

Wir sind nicht auf Rosen gebettet. Wir haben ab 2006 mit der Internationalen Deutschen Meisterschaft, der CyclingTour und auf der Bahn neue Rennserien aufgelegt. Zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg sind die BDR-Mitgliederzahlen gestiegen. Und wir haben neue Sponsoren gefunden.

Aber Sie haben auch welche verloren. Durch den Rückzug von Stada soll dem BDR eine Million Euro fehlen.

Falsch. Es geht um einen sechsstelligen Eurobetrag – nicht im oberen Bereich.

Was sagen Sie zum Rücktritt von Vizepräsident Dieter Kühnle, dem Sie maßgeblich Ihre Wahl zum BDR-Präsidenten 2005 zu verdanken haben?

In schwierigen Zeiten wirft man nicht hin. Herr Kühnle wollte Andreas Klöden, Jens Voigt und Erik Zabel nicht für die Rad-WM in Stuttgart nominieren und war damit unterlegen. Wenn jeder nach einer Abstimmungsniederlage zurücktreten würde, hätten wir bald keine Vereine, Verbände oder Parteien mehr.

Sie wollen aber trotz allem weitermachen?

Selbstverständlich. Ich wurde 2005 auf Grundlage eines schlüssigen Konzepts für vier Jahre gewählt. Wir haben trotz heftigsten Gegenwinds durch die Dopingproblematik 70 Prozent davon bereits umgesetzt. Diesen Kurs werden wir fortsetzen.

Das Gespräch führte Jürgen Rollmann.

Rudolf Scharping, 60, ist seit 2005 Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR). Der SPD-Politiker war zuvor Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und Bundesverteidigungsminister.

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