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Sport: „Ich war selbst überrascht“

Der bisherige Kotrainer Mirko Slomka wird völlig unerwartet neuer Chefcoach beim FC Schalke 04

Manche Dinge im Leben kann man sich nicht vornehmen; sie geschehen einfach, ohne dass der Betroffene etwas davon ahnt. So erging es Mirko Slomka, dem neuen Cheftrainer des FC Schalke 04 in der Nacht zum Mittwoch. Andreas Müller, der Teammanager des Klubs, hatte den Assistenten des im Dezember beurlaubten Ralf Rangnick für 19.30 Uhr zur Geschäftsstelle bestellt. Die Anreise war beschwerlich. Aus Hannover kommend stand Slomka lange im Stau; die Fahrt nach Gelsenkirchen dauerte insgesamt sieben Stunden. Erst knapp vierzig Minuten nach Mitternacht traf der Fußball-Lehrer an seinem Arbeitsplatz ein. „Das roch nicht unbedingt nach einem erfolgreichen Abend“, sagte Slomka am Mittag des nächsten Tages. „Ich dachte, ich werde entlassen.“ Während der Fahrt hatte er aus dem Rundfunk erfahren, dass Schalke am Mittwoch einen neuen Trainer vorstellen werde.

Seit der Entlassung Ralf Rangnicks sei klar gewesen, dass sein Verbleib im Klub davon abhängig sei, ob der neue Fußball-Lehrer einen Assistenten seiner Wahl mitbringe, berichtete Slomka. Innerlich darauf vorbereitet, die Kündigung entgegenzunehmen, wurde er überraschend befördert und verließ die Geschäftsstelle in den Morgenstunden als Cheftrainer, um vor der ersten Übungseinheit im neuen Jahr noch ein wenig zu schlafen. „Ich war selbst überrascht“, sagt Slomka. „Ich halte die Entscheidung des Vereins für sehr mutig.“ Mit dieser Einschätzung steht er nicht allein da.

Der 38-Jährige trainierte bislang überwiegend Jugendmannschaften und diente seinem Mentor Ralf Rangnick fünf Jahre lang als Zuarbeiter, erst bei Hannover 96, dann in Schalke. Cheftrainer war er nur ein einziges Mal – beim damaligen Regionalligaklub Tennis Borussia Berlin. Dort wurde er nach nicht einmal vier Monaten wegen Erfolglosigkeit entlassen. Doch auch ohne herausragende Verdienste im Profigeschäft vorweisen zu können, glaubt Slomka, neben der Rückendeckung des Vorstands den Respekt der Mannschaft zu spüren. Ihm ist offenbar bewusst, was er leisten muss, um sich bei diesem Klub durchzusetzen. Im Einvernehmen mit seinen Vorgesetzten verkündete Slomka, dass der Tabellenvierte an seinem Ziel festhalte, „wieder die Champions League zu erreichen“. Daran werde er sich messen lassen, daran werde auch gemessen, ob sein zunächst bis 30. Juni dieses Jahres laufender Vertrag verlängert werde.

Manager Müller präsentierte die überraschende, von vielen als vorübergehend eingeschätzte Lösung, als beinahe selbstverständlich. „Es war keine Frage für uns, Mirko mit dieser Aufgabe zu betrauen“, sagte Müller. Unter den gegebenen Umständen sei dies die beste Lösung für Schalke. Die Entscheidung sei zwar erst am Dienstagmittag gefallen, habe ihm aber schon länger vorgeschwebt, sagte Müller. Slomka sah die Sache realistischer: „Es macht keinen Sinn zu sagen, ich wäre die erste Option gewesen. Sonst hätte man mich ja auch zuerst fragen können.“ Müller bestritt hingegen abermals, von namhaften Trainern wie Christoph Daum, Erik Gerets oder Trond Sollied Absagen erhalten zu haben. Vor dem Abschluss mit Slomka habe Schalke „nur mit einem einzigen Trainer über die vakante Stelle gesprochen“, der aber erst ab dem Sommer wieder als Trainer arbeiten wolle. Bei diesem Kandidaten handelt es sich angeblich um Ottmar Hitzfeld.

Die Entscheidung für Slomka ist ein weiteres Indiz für den Machtzuwachs Müllers. Manager Rudi Assauer, dessen Autorität durch den Aufsichtsrat zuletzt untergraben wurde, wurde zwar gefragt, sagte aber hinterher zweideutig: „Auf die Idee, Slomka zu verpflichten, wäre ich nicht gekommen.“

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