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Sport: „Ich war wohl nicht devot genug“

Raju Sharma spricht erstmals über seine Entlassung als Geschäftsführer des Kulturprogramms der Fußball-WM 2006

Herr Sharma, Sie wurden kurz vor dem Jahreswechsel als Geschäftsführer des Kulturprogramms der FußballWM 2006 entlassen. Im Aufsichtsrat hieß es, Sie hätten sich gegenüber Mitarbeitern des Innenministeriums im Ton vergriffen. Stimmt das?

Ich kenne diese bizarren Vorwürfe aus den Medien, habe aber überhaupt keine Ahnung, was damit gemeint sein soll. Mit den WM-Mitarbeitern im Innenministerium und bei der Bundesregierung hatte ich keine Probleme.

Haben Sie keine Fehler gemacht?

Vielleicht habe ich mich gegenüber dem Aufsichtsratsvorsitzenden nicht hinreichend devot verhalten.

Sie meinen Göttrik Wewer, den Staatssekretär im Bundesinnenministerium?

Mit dem Aufsichtsrat selbst, in dem auch Sportpolitiker der Parteien sitzen, gab es jedenfalls keine Differenzen. Herr Wewer war als Vorsitzender des Aufsichtsrats mein Ansprechpartner zwischen den Sitzungen. Wenn wir versuchen wollen, das Gastgeberland Deutschland bei der Weltmeisterschaft von seiner besten Seite zu zeigen, müssen Profilierungsbedürfnisse Einzelner zurückstehen.

Vielleicht hätte etwas mehr Profilierung nicht geschadet. Innenminister Otto Schily hat die Öffentlichkeitsarbeit des Kunst- und Kulturprogramms bemängelt.

Das Bundesinnenministerium hatte mir keinerlei Mittel für Öffentlichkeitsarbeit bewilligt. Da sollte man keine Wunder erwarten, zumal man mir auch nur eine einzige Mitarbeiterin zugestanden hatte. Meine Überlegungen für eine abgestimmte und intensivierte PR-Arbeit hatte ich im Sommer 2004 vorgelegt. Eine Zustimmung zur Umsetzung bekam ich erst Ende Oktober 2004 – acht Wochen vor meiner Abberufung. Trotzdem haben wir noch einiges auf den Weg gebracht, was man bald überall in Deutschland und darüber hinaus sehen wird.

Sehen Sie sich von Ihrem Nachfolger Volker Bartsch um die Früchte Ihrer Arbeit gebracht?

Ich habe meine Rolle ohnehin hinter den Kulissen gesehen. Meine wesentliche Aufgabe bestand darin, die ordnungsgemäße Verwendung der öffentlichen Mittel sicherzustellen. Deswegen hatte man seinerzeit als Geschäftsführer auch nicht einen Kultur-, Sport- oder Medienexperten gesucht, sondern einen Fachmann im Haushalts- und Vergaberecht. Der künstlerische Leiter des Programms ist schließlich André Heller. Das Geld kommt vom Bund, deshalb wacht über die Vergabe das Parlament im Aufsichtsrat.

Dieser Aufsichtsrat hat ihre Ablösung einstimmig beschlossen.

Ich weiß nur, dass eine Woche vor meiner Entlassung eine Aufsichtsratssitzung stattgefunden hatte, die in sehr guter Atmosphäre verlief. Die Arbeit der Geschäftsführung wurde ausdrücklich gelobt. Nach dieser Sitzung gab es kein Gespräch mehr zwischen Herrn Wewer und mir. Da frage ich mich natürlich: Auf Grundlage welcher Informationen hat der Aufsichtsrat meine kurzfristige Abberufung beschlossen?

Wie wurde Ihre Entlassung begründet?

Mir ist die Entlassung zu keiner Zeit begründet worden, weder schriftlich noch mündlich. Deshalb werde ich wohl auf dem Rechtsweg versuchen, Antworten auf die vielen offenen Fragen zu bekommen. Dabei geht es mir auch um meinen guten Ruf. Es wirkt merkwürdig, wenn man ohne vorherige Anhörung eine Woche vor Weihnachten mit sofortiger Wirkung vom Dienst suspendiert wird.

Wie hat André Heller den Personalwechsel aufgenommen?

Herr Heller hat mir ausdrücklich gesagt, dass er meine Arbeit sehr geschätzt hat.

Das Gespräch führte Robert Ide.

Raju Sharma, 38,

war seit Juli 2003 Geschäftsführer des Kulturprogramms der WM 2006. Kurz vor dem Jahreswechsel wurde der Jurist überraschend entlassen.

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