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Sport: Im Galopp in die Krise

Das Deutsche Derby in Hamburg hat Finanzprobleme und wird nur durch Sponsoren am Leben erhalten

Berlin - Der Regen war wieder pünktlich. Immer mittendrin in der Woche vor dem Deutschen Galoppderby fängt es an zu regnen. Das schlechte Wetter ist schon so etwas wie ein Stammgast auf der Rennbahn Horn in Hamburg. Dabei ist es Anfang Juli, und der Sommer zeigt sich eigentlich gerade von seiner besten Seite. Doch in jedem Jahr ist wenigstens einer der sieben Renntage während der Derbywoche so durchwachsen, dass er die Bilanz für das gesamte Meeting verdirbt. Selbst wenn heute zum wichtigsten Renntag in Deutschland um das 136. Deutsche Derby der große Favorit Arcadio von Trainer Peter Schiergen vor wohl 25 000 Zuschauern siegt, ist vieles nicht perfekt gelaufen.

Das Rennen um das Blaue Band ist noch immer gesellschaftlicher Höhepunkt im Hamburger Sommer, doch hinter der schicken Fassade stehen auch in Horn reichlich Stützen, damit das Haus nicht zusammenbricht. Jahr für Jahr gehen die Wettumsätze zurück, muss der Rennklub weitere Kürzungen vornehmen und die wichtigste Veranstaltung im deutschen Galoppsport neben der Herbstwoche und dem Frühjahrsmeeting in Baden-Baden immer weiter einengen. Dabei ist es noch gar nicht so lange her, als die Bekanntgabe des Umsatzes an den Wettschaltern ebenso ein Ereignis war wie die Rennen während der Derby-Woche selbst. In diesem Jahr spielt der Vorstand des Hamburger Rennklubs einfach Vogel-Strauß-Politik: sie hat einfach die Tafel, auf denen früher die Wettumsätze fortlaufend angeschlagen waren, abgehängt.

Doch den Kopf in den Sand zu stecken, hilft bei diesem Problem allein nicht mehr. Es ist keine temporäre Krise in Hamburg, sondern die strukturelle Krise des Pferderennsports hat Hamburg erreicht. Es ist nicht mehr nur der Anfang der Welle, es ist bereits der Wellenberg, der über Horn hinwegrollt. Auch der Führungswechsel nach fast zwei Jahren Streit im Rennklub hat daran nichts ändern können. Andreas Jacobs, der Kaffeemagnat und Vizepräsident des Klubs, hat zwar mit den Aufräumarbeiten begonnen und einen neuen Vermarkter engagiert, aber mit den Problemen, die seit Jahren den Sport belasten, wird auch er nicht allein fertig.

Schon die zweite Auflage des im Vorjahr neu kreierten zweitägigen Meetings um den Preis der Diana, das Stutenderby, brachte einen herben Rückschlag. Es kamen nur insgesamt 12 500 Zuschauer und auch der Wettumsatz brach um ein Viertel ein. Da die Rennpreise nicht nur aus Sponsorengeldern, sondern auch aus Anteilen am Wettumsatz bezahlt werden, fehlt es dem Klub langsam an Geld. Kurz vor dem Derby-Meeting forderte eine Bank eine Millionenbürgschaft, bevor sie dem Klub einen weiteren Kredit geben wollte. Nur durch die kurzfristige Zusage des anderen großen Kaffeeunternehmers im Klub, Vizepräsident Albert Darboven, kann das Derby starten.

Die vergangenen 14 Meetings seien alle mit Verlusten abgerechnet worden, erklärt Klubpräsident Eugen-Andreas Wahler. Im vergangenen Jahr waren das rund 720 000 Euro und ein Jahr zuvor bereits 400 000. Seit seiner Amtsführung sind die Gesamtschulden allerdings von rund 2,2 Millionen um rund eine halbe Million gesenkt worden. Doch auch der Berg drückt auf das aktuelle Meeting. Regen, wie am Mittwoch, lässt die schwarze Null in weite Ferne rücken.

Für die Zukunft muss der Hamburger Rennklub kräftig sparen. Aus dem Präsidium kam sogar der Vorschlag, das Meeting auf vier Tage zu reduzieren. In diesem Jahr zeigt sich bereits, dass selbst eine große Werbekampagne für das Derby die großen Wetter nicht zurückholt. Die stecken ihr Geld lieber ins Internet. Jahrelang hat sich der Verband mit den Buchmachern gestritten. Zudem hat der umstrittene Hauptverband in den Jahren zuvor bei einigen Entscheidungen eine unglückliche Hand gehabt. Statt das Wettmonopol zu nutzen, wurden viele Sonderregelungen vergeben, die nun durch unzählige Wettanbieter im Internet negativ einwirken. Diese Anbieter führen von ihren Wetten nichts mehr an die Rennbahnen zurück. Allenfalls auf einigen großen Bahnen mit vielen Zuschauern wie in Hamburg konnte das bislang noch halbwegs verkraftet werden.

Ingo Wolff

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