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Sport: Im Regen

Jan Ullrichs Chef wird nach der 8. Etappe kritisiert

Quimper – Flandern, die Heimat von Walter Godefroot ist nicht gerade für sein freundliches Wetter bekannt. Aber bei der Tour de France, die Godefroot nun schon sein 40 Jahren jeden Juli besucht, ist der Mann aus Gent ein angenehmeres Klima gewöhnt. So stand der Chef der T-Mobile-Mannschaft etwas missmutig in eine dicke Regenjacke gehüllt nach der achten Etappe unter der Tribüne des Fußballstadions von Quimper und wartete darauf, dass seine durchgefrorenen Fahrer wieder aus der warmen Dusche kommen. Als erster von Godefroots Männern konnte sich Erik Zabel das warme Wasser über den Leib laufen lassen, nachdem er im Sprint hinter dem Norweger Thor Hushuvd und dem Luxemburger Kim Kirchen Dritter geworden war. Im Gesamtklassement gab es keine großen Verschiebungen. Ullrich rangiert immer noch 55 Sekunden hinter seinem großen Konkurrenten Lance Armstrong, der auf Platz sechs der Gesamtwertung liegt.

Der dritte Platz von Zabel vermochte es gestern nicht, Godefroot aufzuheitern. Am Morgen hatte die Sportzeitung „L’Equipe“ den T-Mobile Kapitän Jan Ullrich als den Favoriten dargestellt, der vor allem wegen der dilettantischen Fehler seiner Team-Leitung schon nach einer Woche beinahe eine Minute zurückliegt. Da stand etwa geschrieben, dass Godefroot beim Prolog keinen Streckenfunk eingesetzt hatte oder dass T-Mobile beim Mannschaftszeitfahren als einziges Team keine aerodynamischen Scheibenräder benutzt hatte. Mit diesen Aussagen musste sich Godefroot nun, vom Regen den Journalisten im Schutz des Stadions in die Arme getrieben, konfrontieren lassen. Diskutiert wurde auch einmal mehr die Entscheidung, Erik Zabel mit nach Frankreich zu nehmen. Dessen offenkundige Ambitionen auf das Grüne Trikot – dem er am Sonntag bis auf zehn Punkte nahe rückte – so die Kritik, entzögen dem angestrebten Tour-Sieg Ullrichs wichtige Energien. „Das Grüne Trikot ist kein Ziel von T-Mobile“, sagte Godefroot patzig, „es war noch nie unser Ziel.“

Erik Zabel, so Godefroot, habe freie Hand, Etappensiege anzustreben. ansonsten sei T-Mobile eine Mannschaft, in der sich acht Mann für Jan Ullrich ins Zeug legen. Also auch Zabel. Genauso, wie Walter Godefroot Kritik an sich selbst zurückwies, wollte er auch nichts auf seine Mannschaft kommen lassen. „Die Mannschaft ist gut gefahren in dieser Woche, ich bin sehr zufrieden.“ Was zumindest am Sonntag auch zutraf – Matthias Kessler und Andreas Klöden beschützten ihren Kapitän im Finale auf den nassen Straßen ebenso gut, wie Wjatscheslaw Jekimow und George Hincapie ihrem Kapitän Lance Armstrong zur Seite standen.

Am Vortag in der Bretagne war Jan Ullrich hingegen in entscheidenden Augenblick an der Spitze des Feldes auf sich gestellt: „Das ist Jans Entscheidung, dass er immer vorneweg fahren möchte“, kommentierte Walter Godefroot die Situation.

Jan Ullrichs Konkurrenz hält indes trotz der 55 Sekunden Vorsprung und den kleineren und größeren Unzulänglichkeiten bei T-Mobile den Deutschen für nicht weniger gefährlich als zu Beginn der Tour: „Jan Ullrich ist nach wie vor der Mann, den wir am meisten fürchten“, sagte am Sonntag Johan Bruyneel, der Sportdirektor von US Postal. „Und wenn es nächste Woche in die Berge geht, ist eine Minute überhaupt nichts. Nach dem Ruhetag beginnt die Tour von vorne.“ Und geht im Süden Frankreichs weiter: Alleine das Wetter dürfte im Süden besser sein als das Wetter gestern in der Bretagne.

Sebastian Moll

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