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Sport: Im Sande verlaufen

Das Desaster von McLaren-Mercedes in Bahrain kratzt erheblich am Image der stolzen Marke

Manama. Kimi Räikkönen rollte mit brennendem Motor aufs Kiesbett, David Coulthard rollte nach einem Boxenstopp noch ein paar Meter und musste dann aussteigen – allmählich werden die Auftritte von McLaren-Mercedes in der Formel 1 peinlich. Beim Großen Preis von Bahrain musste Mercedes-Sportchef Norbert Haug einen Totalausfall notieren, und Ferrari-Pilot Michael Schumacher, der Weltmeister, zeigte eine Reaktion, die ungewollt einer Demütigung gleichkam: Er hatte Mitleid. „Das ist sicher nicht nett mit anzuschauen, aber das Team wird zurückkommen.“ Und Norbert Kreyer, technischer Koordinator bei Toyota, sagte achselzuckend: „Wenn einem der Mist mal an den Fingern klebt, dann richtig. Dann ist auch nicht klar zu machen, dass die Situation nicht so schlimm sein muss, wie sie aussieht.“

Aber auf solche Bemerkungen können sie bei McLaren-Mercedes getrost verzichten. „Kritik von außen brauchen wir nicht. Es kann doch keiner ernsthaft glauben, dass ein Team, das in den vergangenen sechs Jahren zweimal Weltmeister und zweimal Vizeweltmeister war, auf einmal alles verlernt hat“, sagt McLaren-Chef Ron Dennis. Aber er gibt auch zu: „Diese drei Rennen waren ein Desaster. Aber so etwas ist anderen auch schon passiert.“

Nur: Jetzt passiert es McLaren-Mercedes, einem Team, das Weltmeister werden will. Und es gibt einige Gründe für die Misere. Zum Beispiel sind sich Motoren-Konstrukteur Mario Illien und der von BMW abgeworbene Motoren-Experte Werner Laurenz in herzlicher Abneigung verbunden. Zudem hat sich McLaren-Chef Ron Dennis etwas aus dem Tagesgeschäft der Formel 1 zurückgezogen, weil er mit dem hochmodernen, neuen McLaren-Werk beschäftigt ist und mit der neuen Edelkarosse SLR, die dort hergestellt wird. „Ich bin fest davon überzeugt, dass ein Team, das sich nur auf die Formel 1 konzentriert, mittel- bis langfristig nicht überlebt“, sagt Dennis. „Außerdem muss man auch delegieren können.“ Doch McLaren-Geschäftsführer Martin Whitmarsh, an den Dennis viele Aufgaben abgegeben hat, gilt zwar als ein guter Manager, besitzt aber nicht jenes Fachwissen, über das Dennis verfügt. In Bahrain gab es längere Meetings von Dennis und Haug mit Jürgen Hubbert, der bei Mercedes im Vorstand für die Formel 1 zuständig ist. Gut möglich, dass die Personalie Whitmarsh dabei beredet wurde.

Zudem werfen Kritiker McLaren-Mercedes vor, zu viele Probleme auf einmal anzupacken und sich dabei zu verzetteln. So sei es unnötig, weiter Zeit, Geld und Fachwissen in ein Projekt wie das revolutionäre Karbon-Getriebe zu stecken, das frühestens in ein bis zwei Jahren einsatzfähig sein wird. Doch da antwortete Haug kühl: „Wenn das Getriebe funktioniert, kommen die gleichen Leute, die jetzt kritisieren, und loben uns für unsere vorausschauende Arbeit.“ Eine grundsätzliche Frage freilich können weder Haug noch Dennis beantworten: Ist der MP4-19, der derzeit im Renneinsatz ist, nur ein Auto, das Anfangsprobleme hat? Oder besitzt dieser Bolide die gleichen Probleme, die im vergangenen Jahr zum Ausfall des MP4-18 geführt hatten? Dieses Auto kam nie zum Renneinsatz. Stattdessen diente es als eine Art Anschauungsobjekt für den MP4-19.

Ingenieure aus dem McLaren-Testteam ließen zumindest mal durchblicken, dass einige Probleme im Winter aufgetaucht sind, nachdem das Cockpit vergrößert werden musste. Die Fahrer hatten sich über eine unbequeme Sitzposition beklagt. Durch das neue Cockpit habe sich die Gewichsverteilung geändert, und damit sei die Balance des Autos beeinträchtigt worden. Haug hält von dieser Version aber nicht viel. Andererseits: Warum feilscht McLaren-Konstrukteur Newey um jeden Millimeter Cockpitgröße, wenn die Maße keine Bedeutung haben?

Dass McLaren-Mercedes aber ausgerechnet im Wüstenstaat Bahrain ein Desaster erleidet, kratzt enorm am Image der stolzen Marke, die immer „Premium“ sein will. Denn gerade in Bahrain hält man sehr viel von Mercedes. Der Fuhrpark der königlichen Familie umfasst geschätzt 1500 Fahrzeuge, darunter viele Mercedes. Aus denen sticht ein Maybach hervor. Sogar die Polizei fährt S-Klasse. 500 Mercedes wurden allein 2003 in dem Wüstenstaat verkauft. Und Mercedes-Vorstand Hubbert war extra angereist, um die reiche Kundschaft bei Laune zu halten. Kein Wunder, dass er am Kommandostand das Ausscheiden beider McLaren-Mercedes mit versteinerter Miene zur Kenntnis nahm.

Kimi Räikkönen hat freilich schon mal die Frage geklärt, wer auf keinen Fall Schuld an dem Desaster hat: „An mir liegt es nicht“, verkündete der Finne in Bahrain.

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