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Sport: In Beweisnot

Bei Unions Spiel gegen Fürth geht es auch um Votavas Job

Von Karsten Doneck, dpa

Vielleicht liegt das ganze Dilemma ja wirklich am Übereifer einzelner Spieler. Wie bei Jiri Balcarek. „Der will auf dem Platz einfach alles machen. Der führt vor lauter Ehrgeiz plötzlich Einwürfe aus, für die andere zuständig wären. Und dort, wo Balcarek beim Einwurf sein sollte, entstehen die Lücken, in die der Gegner hineinstößt“, sagt Mirko Votava, der Trainer. Beim Fußball-Zweitligisten 1. FC Union summieren sich solche Kleinigkeiten zu einem Batzen individueller Fehler, die dazu beitrugen, dass die Mannschaft nach drei Spieltagen punktlos Letzter ist. Bei derartigem Misserfolg muss zwangsläufig auch der Trainer mit öffentlichem Liebesentzug leben. Vor der Partie gegen Greuther Fürth (heute, 14.30 Uhr, Alte Försterei) bemüht sich Union aber noch, Mirko Votava in Schutz zu nehmen.

Der Übungsleiter – vertraglich gebunden bis Juni 2005 – steht dennoch gehörig unter Druck. „Wir alle sind Dienstleister für unsere Fans. Und Herr Votava muss unseren Fans beweisen, dass er ein guter Trainer ist. Ob das heute, morgen oder übermorgen geschieht, ist mir relativ egal“, sagt Heiner Bertram. Die Zeit drängt aber. Eine weitere Niederlage gegen Fürth würde Union für längere Zeit im Abstiegskampf festnageln. Was dann? „Bin ich Hellseher?“, fragt der Präsident ein wenig barsch zurück.

Bertram sagt: „Wir sind kein Verein, der ständig seine Trainer wechselt.“ Den Präsidenten nervt das Thema. Er, Bertram, hat sich schließlich stark gemacht dafür, Votava im November vorigen Jahres zu holen. Er vertraute einfach auf sein gutes Gespür, das einst auch zur erfolgreichen Zusammenarbeit mit dem damals hier zu Lande wenig bekannten Bulgaren Georgi Wassilew geführt hatte. Votavas Verpflichtung löste seinerzeit nicht nur Freude aus. Der sei zu unerfahren, so einer könne Union nicht voranbringen, mäkelten die Fans. Dass Votava 546 Bundesligaspiele für Bremen und Dortmund bestritten hat, fiel dabei unter den Tisch. Er habe danach doch nur in der Provinz in Meppen und Oldenburg trainiert, maulten stattdessen die Anhänger. Votava nun, nach einem knappen Jahr, zu entlassen, wäre das Eingeständnis Bertrams, sich in einer wichtigen Personalie geirrt zu haben.

Votava macht in dieser für ihn so misslichen Lage das, was er auch als Bundesligaprofi auf dem Platz getan hätte: Er kämpft. „Letzte Saison habe ich doch bewiesen, dass es geht“, sagt er selbstbewusst. Union hat er vor dem Abstieg gerettet. Angesichts der äußeren Umstände keine schlechte Leistung: Er fand bei seinem Amtsantritt in der Wuhlheide eine alternde, noch von Wassilew zusammengestellte Mannschaft vor, schwer zu motivieren, weil etwas satt durch Aufstieg und Pokalerfolge, es herrschte Cliquenwirtschaft. Zur neuen Saison hieß es, dass Votava ein Team nach seinen Wünschen kreieren durfte. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Aufgrund von Sparzwängen bei Union musste Votava bei der Einkaufspolitik mehr Kompromisse schließen, als ihm lieb war. Er ist zu stolz, solche Argumente für sich als Entlastung ins Feld zu führen.

Recht aufgeregt reagierte Union, als der zu Kickers Offenbach abgewanderte Ex-Kapitän Steffen Menze von einer Boulevardzeitung als Votava-Nachfolger ins Gespräch gebracht wurde. „Kinderkram“, kontert Bertram diese Meldung. Und Votava denkt sowieso lieber positiv: „Wenn wir gegen Fürth gewinnen, wird doch wieder geschrieben: Union nur noch einen Punkt hinter den Aufstiegskandidaten.“ So hätten sie’s wohl gerne bei Union.

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