zum Hauptinhalt

Sport: In Zweifelsfällen maßgeblich

Das große Finale. Die letzte Lektion.

Das große Finale. Die letzte Lektion. Doch es ist schon geschafft: Wir lieben Hertha! Sollten in der kommenden Saison dennoch Zweifel entstehen (nicht erschrecken, das ist völlig normal in einer Liebesbeziehung), dann befolge man folgende sieben Regeln, die sich aus 16 Lektionen „Hertha lieben lernen“ ergeben haben, um weiterhin alles geben zu können:

1. Hertha nehmen wie sie ist:

Wenn man bekennt, als Fan zu einem Verein mit dem Charme eines Herrengedecks zu gehören, dann ist das eben wie früher, als Mutter jeden zweiten Donnerstag in der Schule mit dem Milchverkauf dran war und immer das alte, gelbe selbst gestrickte Kleid trug. Man schämte sich ein wenig. Aber es ist eben die eigene Mutter, die man sofort inbrünstig anfeuern würde, wenn sie gegen die modebewussten Model-Mütter zum Schlammcatchen in den Ring steigen müsste. Hertha ist Currywurstbude am Kurfürstendamm und muffiger Taxifahrer und nicht sonnenbebrilltes Haargel aus Mitte. Diese Liebe gilt es weiterhin zu pflegen.

2. Einander schöne Hertha-Gerüchte von früher erzählen:

Wie folgendes Gerücht hier aus einer Zeit, in der der Nachwuchs noch keine Rolle bei der Hertha spielte: Fünf nervöse Jugendtrainer warteten auf den großen Cheftrainer Jürgen Röber in dessen Büro, um über den Nachwuchs zu sprechen. Irgendwann kam er durch die Verbindungstür aus einer Art privatem Badezimmer. Er war nackt. Er setzte sich breitbeinig auf den Bürostuhl. Man sah sich an. Ein Jugendbeauftragter begann dann zaghaft, von seiner Jugendarbeit zu erzählen. Röber machte den Angaben zufolge „Mh, mh“ und zog sich den linken Socken an. Er machte „Aha“ und zog sich den rechten Socken an. Als der Jugendbeauftragte zu Ende erzählt hatte und Röber vollständig bekleidet war, schnappte er sich seinen Mantel vom Haken, murmelte: „Ja ja, interessant. Danke, Jungs, tschüss“ und ging. Hertha ist dafür zu lieben, dass es diese Geschichte gibt.

3. Meckern nicht verbieten lassen:

Denn det is nu ma so in Berlin. Sagt Hoeneß auch. Außerdem ein Ansporn für die Spieler. Da, wo nie gemeckert wird, steigt man reihenweise ab (Köln, Pauli).

4. Zeckes Musik hören:

Simunic geht. Bastürk weiß es noch nicht. Wo sind die treuen Fans unter den Spielern vom Schlage eines Uwe Seeler? Zecke Neuendorf verriet einst sein Lieblingslied. Es ist „Bayern“ von den „Toten Hosen“. Der Text geht so: „Wir würden nie zum FC Bayern München gehn – nie zu den Scheiß-Bayern gehn.“ Und weiter: „Was für Eltern muss man haben, um so verdorben zu sein, einen Vertrag zu unterschreiben, bei diesem Scheiß-Verein?“

5. Hoeneß lieb danken:

Hätte Hoeneß nicht derart auf Herthas Nachwuchs gesetzt, dann würde heute kein „Mer-ston-zo-dir-FC-Kölle“-Fan die ach so geliebten Epsteins und Schindzielorz’ herzlos auf dem Transfermarkt von Online-Managerspielen liegen lassen, um für Chahed, Fathi und Boateng das Sechsfache ihres Marktwerts auszugeben. Wir haben vielleicht die debileren Fangesänge, dafür aber ganz offenbar den begehrtesten Fußballernachwuchs der Bundesliga.

6. Nach vorne kieken:

Hoeneß hat uns gesagt, die „gestylte“ und „nicht aussagekräftige“ Kampagne „play Berlin“ werde auslaufen. Neuer Vorschlag: „Berlin, ick liebe Dir“. Außerdem wird Seeed wahrscheinlich eine neue Hertha-Fanhymne schreiben. Ein Traum. Und Hoeneß hat nichts dagegen, wenn ein Spieler „mal alle fünfe gerade sein lässt“, so wird auch Marcelinho wieder zur Topform finden.

7. Ins Stadion gehen.

Christian Ulmen, 30, ist Schauspieler und Hertha-Fan. Immer wenn Hertha ein Heimspiel hatte, erschien in dieser Saison seine Kolumne.

Ein Selbsterfahrungskurs

in 17 Lektionen

Von Christian Ulmen

Ein Selbsterfahrungskursin 17 LektionenVon Christi

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false