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Indianapolis: Erste Klage gegen Formel-1-Farce

Nach dem Skandal von Indianapolis hat ein Motorsport-Fan aus Colorado eine Sammelklage gegen die Formel 1 eingereicht. Larry Bowers will den Automobil-Weltverband (FIA), die Formula One Administration (FOA), den Reifenhersteller Michelin und den Indianapolis Motorspeedway vor Gericht sehen.

Indianapolis/Hamburg (21.06.2005, 14:51 Uhr) - Bowers' Rechtsanwalt William Bock III. wirft den Beteiligten «Betrug» vor, da die 14 Michelin-Fahrer nach der Aufwärmrunde beim Großen Preis der USA wieder in die Box fuhren.

Während sich Speedway-Präsident Joie Chitwood trotz des Eklats versöhnlich zeigte und ein Rennen im Jahr 2006 nicht ausschloss, heizte die FIA die Diskussion am Dienstag weiter an. Den meuternden Rennställen wurde vorgeworfen, dass sie mit ihrem Boykott «das Image der Formel 1 beschädigt» haben. FIA-Präsident Max Mosley forderte, dass die rund 160.000 Zuschauer finanziell entschädigt werden müssen - und zwar von den sieben Michelin-Teams und deren Reifenlieferanten. Die Fans hatten im Schnitt etwa 100 Dollar Eintritt gezahlt.

Die FIA veröffentlichte am Dienstag Vorladungsschreiben an die sieben Michelin-Teams, die sich am 29. Juni bei einer Anhörung vor der obersten Sportbehörde in Paris zu insgesamt fünf Hauptvorwürfen äußern müssen. Da Details der Dokumente, die den Charakter einer Anklageschrift haben, bereits an die Medien gelangt waren, unternahm die FIA einen außergewöhnlichen Schritt und publizierte die sieben - gleich lautenden - Vorladungen. «

«Ich denke, dass Michelin und die sieben Teams die Zuschauer entschädigen sollten. Mit ihrer Weigerung, am Rennen teilzunehmen, haben sie sich und dem Sport geschadet», wurde Mosley in britischen Medien zitiert. Formel-1-Chef Bernie Ecclestone griff den französischen Reifenhersteller scharf an: «Michelin war dumm. Sie haben keine angemessenen Reservereifen mitgebracht.»

Chitwood gab auf einer Pressekonferenz bekannt, dass eine Rückzahlung des Eintrittspreises oder die Verlängerung der diesjährigen Tickets für den Grand Prix im nächsten Jahr zur Debatte steht. Einen Zeitpunkt für diese Entscheidung nannte er nicht, betonte aber: «Wir denken, Amerika ist ein großer Markt für die Formel 1 und Indianapolis ein guter Gastgeber.

Ferrari-Teamchef Jean Todt versicherte, den Michelin-Teams am Sonntag drei Kompromissangebote zur Rettung des Rennens gemacht zu haben. «Alle sind abgelehnt worden», sagte der Franzose der «Gazzetta dello Sport» (Dienstag-Ausgabe). Ferrari hätte den anderen Teams einen Reifenwechsel erlaubt. Man wäre auch damit einverstanden gewesen, das Tempolimit in der Boxengasse herauf- und die Höchstgeschwindigkeit in der kritischen Steilkurve herabzusetzen.

Das Weltmeister-Team verteidigte seine Haltung, am Grand Prix teilzunehmen, rigoros - zum Teil mit drastischen Worten. «Wir wollten nicht auf der Bank der Idioten sitzen», sagte Todt. Wenn Ferrari ähnliche Probleme mit seinen Bridgestone-Reifen gehabt hätte, «glaubt ihr, dass uns dann jemand geholfen hätte?» Das sah auch Präsident Luca di Montezemolo so. Wenn Ferrari das passiert wäre, dann hätte die Konkurrenz wahrscheinlich folgenden «Rat» gegeben: «Pech für euch. Startet nicht oder fahrt langsam.»

Der französische Reifenherstellers Michelin sucht fieberhaft nach dem Fehler. «Michelin arbeitet weiter mit Hochdruck daran, die Gründe für die von den Reifen ausgelösten Zwischenfälle restlos aufzuklären», hieß es am Dienstag in einer Presseerklärung. Sobald endgültige Ergebnisse vorliegen, soll die Öffentlichkeit «selbstverständlich in vollem Umfang» informiert werden.

Unterdessen rechnete ein Motorsport-Fan aus Kalifornien im «Indianapolis Star» vor, was ihn seine Leidenschaft für die Formel 1 gekostet habe. «Rund 6000 Dollar» (umgerechnet rund 4800 Euro) habe er für die Eintrittskarten und die siebentägige Reise aus dem US-Sonnenstaat nach Indiana ausgegeben. «Es war eine riesige Enttäuschung», sagte er. Am Tag nach dem Skandal gingen bei den Betreibern der Rennstrecke erste Anfragen nach Rückerstattung des Eintrittspreises ein. (Von Volker Gundrum und Ralf Jarkowski, dpa)

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