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© dpa

Interview mit Joachim Löw: "Ich weiß den Sieg einzuordnen"

Mit dem Sieg einer DFB-"Rumpfelf" in England war nicht unbedingt zu rechnen. Entsprechend zufrieden ist der Bundestrainer. Joachim Löw weiß aber auch, was seine Mannschaft noch lernen muss.

Fragen an den Fußball-Bundestrainer:

2:1 im Fußball-Tempel Wembley, was bedeutet Ihnen der Erfolg?

Wir freuen uns natürlich sehr. Es gibt nicht viele Orte, wo es so schön ist zu gewinnen wie in Wembley. Das ist etwas ganz Besonderes. Die Mannschaft hat ja so noch nicht zusammen gespielt - alle sind sehr happy.

Ein Schritt zum Erfolg war die Versetzung von Philipp Lahm ins defensive Mittelfeld, wie sind Sie darauf gekommen?

Nach den vielen Ausfällen mussten wir taktisch etwas umstellen. Wir waren der Meinung, dass wir intelligente Spieler im Mittelfeld brauchen nach dem Ausfall von Ballack und Frings. Christian Pander hat sich für links angeboten, er war zuletzt in der Bundesliga sehr stark.

Wie beurteilen Sie die Leistung des Neulings Pander?

Das Tor hat er klasse gemacht, aus dem Stand in den Winkel getroffen. Vor dem Gegentor hatte er den Zweikampf verloren - und so hat er sich selbst wieder ins Spiel zurückgebracht. Und dann hat er auch eine gute Leistung geboten.

Nach 20 Minuten "Eingewöhnung" hat die Mannschaft den Schalter umgelegt, wie erklären Sie das?

15 Minuten zu viel Respekt vor der Atmosphäre, vor den 90.000 Zuschauern. Wir sind immer weiter zurückgewichen. Aber die Mannschaft hatte den Mut, nach dem 0:1 zurückzukommen und mutig nach vorn zu spielen. Das 1:1 hat dabei geholfen. Dann waren wir insgesamt forscher und selbstbewusster, sogar spielbestimmend.

Ist die Versetzung von Lahm ins Mittelfeld eine langfristige Perspektive?

Wir müssen nächste Woche sehen, wer alles zurückkommen kann bis zum EM-Qualifikationsspiel in Wales. Mit Torsten Frings kann man nicht rechnen, bei Michael Ballack gibt es nach wie vor ein sehr, sehr großes Fragezeichen. Grundsätzlich ist es so, dass Philipp Lahm auf den Außenpositionen spielen soll. Wenn alle wieder da sind, wird er dahin zurückkehren. Im modernen Fußball ist es wichtig, dass man in der Abwehr Leute hat, die permanent mit nach vorne gehen.

Sie haben alles richtig gemacht, sogar Ihr System umgestellt und in England gewonnen. Wird es Ihnen nicht selbst etwas bange, wie gut alles läuft?

Es ist wichtig, dass man auch mal eine Veränderung vornehmen kann und sieht, dass wir mit einem anderen System auch bestehen können. Ich freue mich für die jungen Spieler, die Erfahrung sammeln können. Ich weiß den Sieg einzuordnen. Das Ergebnis bei diesen Spielen ist nicht das Wichtigste, wichtiger ist die EM-Qualifikation sowie die Entwicklung der Mannschaft und der einzelnen Spieler.

Was hat zum Erfolg in England noch beigetragen?

Wir haben viele Zweikämpfe gewonnen, ohne den Gegner zu foulen. Wir haben die Bälle gewonnen, die Bälle abgelaufen, die Räume zugemacht. So hatten die Engländer relativ wenige Freistöße für Beckham. Man weiß ja um ihre Gefahr.

Haben Sie noch Reserven gesehen?

In der zweiten Halbzeit hatten wir viele Kontermöglichkeiten, wie schon in Tschechien. Die hätten wir zu Ende durchspielen können und müssen. Mit der Konsequenz, das Spiel schon frühzeitig zu entscheiden. Wir hatten in der zweiten Halbzeit einige Ballverluste, die den Engländern Chancen eröffnet haben. Ganz klare, schnelle Konter zu fahren, um dem Gegner den Todesstoß zu geben, das müssen wir noch lernen.

Aufgezeichnet von Jens Mende, dpa

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