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Sport: Jawohl, Herr Kapitän

Martin Kaymer muss sich bei seinem ersten Ryder Cup noch einordnen – den Ton geben andere an

Er ist charmant, witzig, er ist intelligent. Colin Montgomerie, so vermitteln seine Auftritte während dieser Ryder-Cup-Woche, hat mit der Funktion des Ryder- Cup-Kapitäns den Job seines Lebens gefunden. „Das ist das erste Turnier in meinem Leben, zu dem ich keine Golfschläger mitgebracht habe“, sagt er mit einem breiten Lachen. „Das ist eine ziemlich komische Position, in der ich da bin.“ Sie scheint ihm auf den Leib geschnitten.

„Die Teams sind diese Woche so ausgeglichen, dass sehr viel von der Qualität des Kapitäns abhängen wird. Ich hoffe also, er hat alles unter Kontrolle“, beschreibt Ryder-Cup-Routinier Padraig Harrington Montgomeries Rolle. Tatsächlich hat Montgomerie ebenso wie sein Gegenüber Corey Pavin reichlich Gelegenheiten, den Ryder Cup in eine Richtung zu lenken. Diplomatie muss er bei zig Pressekonferenzen und Interviews beweisen, die Strategie des amerikanischen Teams erahnen und analysieren.

Die eigene Aufstellung seiner Vierer-Paarungen muss den Stärken und Schwächen der eigenen Spieler gerecht werden. Wie Schachfiguren versucht er seine zwölf Individualisten in der richtigen Formation zu ordnen. „Es ist absolut entscheidend, welche Entscheidungen er trifft, wenn es um die Spielpaarungen geht, wer spielen darf, wer ausgelassen wird, wann Spieler eine Pause machen“, erklärt Harrington. „Davon hängt die Leistung des ganzen Teams ab.“

Es gilt für jeden der Spieler die richtige Rolle zu finden. Martin Kaymer etwa hält sich diese Woche erst einmal ganz ruhig auf den hinteren Rängen. Er ist ein Neuer hier, den Lärm der Zuschauer, den Leistungsdruck während der drei Spieltage kann er nur erahnen. Spricht er von seinem Kapitän sagt er nicht „Colin“ sondern „Mr. Montgomerie“. Die Hierarchien im Team stehen fest. Männer wie Padraig Harrington, Lee Westwood und Ian Poulter werden die Führungsposition übernehmen. Miguel Angel Jiménez und Luke Donald, beide Routiniers, sind als ausgleichende Puffer vorgesehen, die einem Neuling wie Kaymer die Nervosität nehmen sollen.

Trotzdem wiegt der Name des Deutschen im Team schwerer als jener der anderen Neulinge. „Die Erwartungen an mich sind hoch“, hat der 25-Jährige festgestellt. Sein Sieg bei der US PGA Championship hat ihm eine Sonderrolle verschafft. „Die anderen haben mehr Respekt vor mir, und die Amerikaner natürlich auch.“ Im Play-off von Whistling Straits hat Kaymer bewiesen, dass er auch extremem Druck standhalten kann. Geht es um die Entscheidung wird Montgomerie sich eher auf ihn verlassen als auf einen Neuling wie Ross Fisher oder Peter Hanson.

Den ersten Punkt im Ryder-Cup-Vorgeplänkel kann Europas Kapitän ohnehin bereits für sich verbuchen. Mit seiner Entscheidung einen US-Offizier und ehemaligen Kampfflieger für eine Rede im Teamraum zu verpflichten, hat sich sein Gegenspieler Corey Pavin reichlich Kritik eingehandelt. Er wollte zeigen wie „wichtig im militärischen Sinn, Teamgeist und die Verlässlichkeit des Einzelnen seien“, erklärte der Amerikaner seine Wahl. Genau das erwarte er von seinen Mannen in den nächsten Tagen. Dass dafür Erzählungen eines Majors von der Taliban-Bekämpfung in Afghanistan bemüht werden, finden selbst Teile der amerikanischen Medien ein wenig überzogen. Pavin allerdings ist als Anhänger alles Militärischen bekannt. 1991, bei seinem ersten Einsatz in Kiawah Island, trat er mit einer Armeejacke und Mütze zum Spielen an, um an die Militäraktion Desert Storm zu erinnern.

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