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Sport: Jeder Kampf ein Lottogewinn

OBERHAUSEN .Dariusz Michalczewski hat sich bis zum Papst durchgeboxt.

OBERHAUSEN .Dariusz Michalczewski hat sich bis zum Papst durchgeboxt.Doch für die Deutschen, so sein ganzer Kummer, "bin ich immer noch ein Polacke".Dabei habe er als deutscher Staatsbürger "schon mehr Steuern gezahlt, als Millionen anderer Deutscher jemals zahlen werden".Jede Weltmeisterschaft des gebürtigen Danzigers mit dem "Künstlernamen" Tiger ist auch ein Kampf um ein weiteres Stück Anerkennung in seiner Wahlheimat.Er möchte so populär sein wie Henry Maske oder Axel Schulz."Wenn ich nur zehn Prozent vom Bonus von Axel Schulz hätte, das wäre toll", sagt er.Bei der letzten Wahl zu Deutschlands Sportler des Jahres landete der Boxchampion nur auf dem 17.Platz."Das tut schon weh", gesteht Michalczewski.

Für die zwölfte Verteidigung des WBO-Titels im Halbschwergewicht gegen den unbesiegten Engländer Mark Prince heute im Centro Oberhausen seien schon 10 000 Karten verkauft worden, melden die Veranstalter.Ein Indiz, daß sich die verschlossenen Herzen der Deutschen dem Polen öffnen? Erst das Interesse der TV-Publikums - der Kampf wird live von SAT.1 übertragen - wird Aufschluß darüber geben, ob Michalczewski in der Popularitätsskala gegenüber den RTL-Rekordquoten eines Axel Schulz (18,3 Millionen) und Henry Maske (17,6) aufholt.

Rein statistisch ist Michalczewski tüchtiger als es Maske war: Gleichzeitig Doppelweltmeister in zwei Gewichtsklassen, gleichzeitig Champion dreier Verbände nach dem Sieg über den Maske-Bezwinger Virgil Hill, 37 Kämpfe, davon 14 um die WM, 37 Siege."Mich kann keiner überbieten", stellt er fest.Aber die Disqualifikation Graciano Rocchigianis bleibt ein Makel."Es reicht nicht nur eine tolle Leistung im Ring", belehrt Maske seinen vermeintlichen Nachfolger."Es gehört mehr dazu, ein gewisses Charisma, das die Leute anspricht und veranlaßt, sich mit einem Sportler zu identifizieren." Die Tiger-Masche schafft noch kein Charisma.Kaum ist der Schatten Maskes weg, ist er in den Schatten der Gebrüder Klitschko geraten - und das in der eigenen Firma Universum Box-Promotion.Und Witali und Wladimir Klitschko sind noch nicht einmal deutsche Staatsbürger, wie er es seit nunmehr acht Jahren ist.Dafür Schwergewichtler."Ich bin es gewohnt", klagt Michalczewski, "daß man mich unterschätzt."

Der Tiger hat es schon schwer, die gebührende Anerkennung oder gar Bewunderung zu gewinnen.Jetzt wartet auf ihn ein Herausforderer, dem der Ruf eines gefährlichen K.o.-Schlägers vorausgeht.18 Kämpfe, 18 Siege, 14 durch K.o.lautet der Kampfrekord von Mark Prince."Aber wenn ich den in der dritten Runde ausknocke, heißt es wieder: das war auch keiner", klagt Dariusz Michalczewski.Und "Rocky" könnte dann wieder im Fernsehen höhnen: "Dariusz soll sich mal anständige Gegner aussuchen, diese Pfeife."

Bis zum Jahr 2000 will der 30jährige Champion noch diesen Kampf um Anerkennung führen, träumt vom Showdown gegen Roy Jones ("Wir beide sind die Besten") und ist auch zum Rückkampf gegen Rocky "jederzeit bereit".Die Wertschätzung, die er in der deutschen Öffentlichkeit vermißt, findet Darius Michalczewski in seinem Selbstwertgefühl: "Ich verdiene mein Geld.Jeder Kampf ist wie ein Lottogewinn.Ich bin reich, ich habe Erfolg.Und ich weiß, was ich wert bin."

HARTMUT SCHERZER

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