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Italienische Größenordnung. Torschütze Antonio Cassano schaut zu Torwart Gianluigi Buffon auf. Foto: Reuters

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Sport: Jetzt werden sie auch noch flexibel

Italien steigert sich und erreicht mit einer Viererkette in der Abwehr das Viertelfinale.

Was blieb vom italienischen Auftritt beim 2:0 über Irland neben all dem Zittern, ob es fürs Viertelfinale reichen würde? Im Duell gegen die Iren hatte Italien nicht geglänzt und doch eine Botschaft an den Rest der verbliebenen EM-Teams ausgesandt: Italien kann für jeden gefährlich werden. So war es oft genug bei früheren Turnieren. Dem schwachen Start folgte eine Steigerung, dank der es Italiens Fußball-Auswahl oft weit brachte. In Polen und der Ukraine schimmert das italienische Turniermuster bereits durch. Das könnte im Halbfinale auch für die deutsche Mannschaft ein Problem werden.

Giovanni Trapattoni befand sich in der komfortablen Position, klare Analysen verbreiten zu können. Er ist irischer Trainer und ausgeschieden, aber noch Italiener genug, um sich mit den Aussichten seines Heimatlands auseinanderzusetzen. „Italien wird vorbereitet sein“, sagte er und meinte, egal, gegen wen die „Squadra Azzura“ auch spielen würde. „Spanien mag fantastische Spieler haben. Aber italienische Spieler haben eine sehr gute technische Grundausbildung, Italien spielt keine Fehlpässe“, sagte der ehemalige Nationaltrainer Italiens. „Man kann nichts mehr ausschließen. Italien kann das Finale erreichen.“

So forsch Trapattoni auftrat, so zurückhaltend reagierte die italienische Fußballfamilie. „So sind wir“, sagte Torwart Gianluigi Buffon. „Gegen die Besten der Welt spielen wir auf Augenhöhe, gegen die Kleinen tun wir uns schwer.“ Vorerst ist das „Mindestziel“ (Buffon) Viertelfinale erreicht. Nationaltrainer Cesare Prandelli wollte das zwar nicht bestätigen, gab aber zu, er fühle sich noch nicht am Ende des Weges angekommen. „Ziele setze ich keine. Ich möchte, dass wir von Spiel zu Spiel besser werden.“ Italien scheint auf dem besten Wege dahin.

Gegen die Iren änderte er die Taktik und trat statt mit einer Dreierkette in der Abwehr mit vier Verteidigern an, um Stabilität zu gewinnen. Die Strategie des Weltmeisters von 2006 ging auf und zeigt die taktische Flexibilität der Italiener. Überhaupt ist auch bei diesem Turnier wieder die Verteidigung die Grundlage des italienischen Erfolgs. Im Mittelfeld bot Prandelli Daniele de Rossi auf, der für die langen Bälle der Iren zuständig war und „einen fantastischen Job gemacht hat“.

Auch im Angriff gibt es neue Hoffnung. Mario Balotelli und Antonio Cassano galten nach den ersten Spielen noch als Sorgenkinder, sie wirkten müde. Gegen Irland schossen sie die Tore zum 2:0. „Es sind die Siege in Spielen, in denen du so leiden musst wie wir heute, die dich stark machen. Dieses Gefühl tragen wir in uns, und es wird uns helfen“, sagte Buffon. „Es war schwer, nicht zu wissen, wie hoch wir gewinnen müssen. Aber wir haben Spanien vertraut.“ Ein Sieg, meinte der Torwart, würde reichen, das habe sich die Mannschaft tausendmal vorgebetet.

Mit viel Pathos beschwor Trainer Prandelli den Teamgeist seiner Elf und lieferte den Beweis für eben diesen mit einem Hinweis auf den dunkelhäutigen Balotelli. Er sieht sich bei der EM rassistischen Anfeindungen ausgesetzt, und vor dem Turnier hatte er zahlreiche Skandale durch seinen exzentrischen Lebensstil produziert. Dazu hagelte es auch noch Kritik, weil seine EM-Leistung nicht stimmte. Prandelli selbst verbannte ihn deshalb auf die Bank, verkaufte dies aber als Teamgeist mit dem Hinweis: „Mario weiß, dass er die Probleme nicht alleine lösen muss. Er ist ein Teil einer Mannschaft, und die kümmert sich darum.“ So glaubt man in Italien, viele Probleme erkannt zu haben, aber man glaubt jetzt auch, sie fortan besser lösen zu können.

„Wir haben heute nicht brillant gespielt, in der Schlussphase hatten wir alle Angst davor, was in Danzig passiert. Aber wir haben die Angst besiegt“, sagte Andrea Pirlo. Nun ist Italien also zurück, zunächst noch ohne wirklich zu überzeugen. Aber wer konnte das bisher schon? Im Viertelfinale können die Italiener befreit aufspielen. Spätestens dann müssen sie beweisen, dass es tatsächlich eine Befreiung war, den Sprung in die nächste Runde geschafft zu haben.

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