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Sport: Joachim Franke: Feuer und Wasser im Griff

Am 30. März ist er 60 geworden.

Am 30. März ist er 60 geworden. Dennoch ist Joachim Franke nicht müde. Schon von Freitag bis Sonntag kann man sich im Sportforum davon überzeugen. Bei den Deutschen Einzelstrecken-Meisterschaften im Eisschnelllaufen zählen seine Schützlinge zu den Titelanwärtern. Vor allem zwei haben dafür gesorgt, dass der Vorwinter für Franke so reich an Triumphen wie noch nie war: Langstrecklerin Claudia Pechstein holte wie Sprinterin Monique Garbrecht drei WM-Titel, die sich zudem im Glanze von insgesamt drei Weltcupsiegen sonnen konnte. Sprinter Michael Künzel stieß mit einem Weltcuperfolg in die Elite vor, Langstreckler Alexander Baumgärtel kam im Weltcup unter die besten Sechs.

Als "Weiser des Eisschnelllaufsports" galt der Berliner schon vorher. Denn seine Meriten in dieser Profession sind einzigartig. Auch auf olympischem Eis haben von ihm betreute Schützlinge sechs Goldtriumphe feiern können: je zweimal durch Uwe-Jens Mey und Claudia Pechstein, je einer durch Olaf Zinke und André Hoffmann. Sie alle hatten sich wie andere zum erwähnten runden Geburtstag des ehemaligen Eishockey-Auswahlspielers (Weißwasser und Berlin) der DDR eingefunden.

Franke genoss seinen Ehrentag. Denn noch Mitte Februar, beim Weltcup in Heerenveen, hatte es ihn böse erwischt. Gallensteine peinigten ihn so sehr, dass eine sofortige Operation notwendig war. Bei den folgenden Weltmeisterschaften in Seoul und Nagano, wo Pechstein und Garbrecht der Konkurrenz enteilten, konnte er nicht dabei sein. "Wir haben telefoniert, das hat gereicht", freut sich der Bundestrainer Franke heute noch. Pechstein, die er seit 1990 anleitet, und Garbrecht-Enfeldt, die sich ihm vor fünf Jahren als 26-Jährige sportlich anvertraute, seien "gestandene Persönlichkeiten, die genau wissen, was zu tun ist".

Dass von Mai bis Oktober die Leistunggrundlagen von Spitzenläufern mit Radfahren (3000 bis 3500 km), Rollschuhlauf (etwa 1000 km), Kraftarbeit und eingeschobenen Phasen des Eistrainings gelegt werden, sei inzwischen weltweit von Nordamerika bis Asien "Allgemeingut". Was könnte es sein, dass aber kein anderer Übungsleiter der Welt dies so erfolgreich in Medaillen und Titel umsetzen kann? Zumal Franke das Kunststück fertig bringt, Sprinter wie Ausdauerspezialisten, gegensätzlich wie Feuer und Wasser, an die Spitze zu dirigieren. "Vielleicht liegt es auch ein bisschen an meinen reichhaltigen Erfahrungen. Die Methodik, wie unterschiedlich Sprinter und Langstreckler betreut werden, ist leicht erklärt: Wenn Claudia bei 20 bis 30 Wochenstunden Training vier Stunden Kraft und den Rest ausdauerbetont trainiert, widmet sich Monique als Sprinterin acht Stunden der Kraftarbeit und entsprechend weniger der Ausdauer." Dies aber seien Binsenweisheiten. Viel Fingerspitzengefühl und Geschick seien jedoch erforderlich, um die Sportler "zeitgerecht zu den Höhepunkten" zur Topform zu führen und die Höchstform stabil über die Saison zu transportieren. "Dafür die richtige Trainingsdosierung zu finden, ist nur bei einer optimalen Rückinformation seitens der Sportler möglich." Der beste Winter Frankes hatte im Oktober 1999 denkwürdig begonnen: Nachträglich wurden ihm und den Teamkollegen die wegen eines Rechenfehlers ursprünglich an die Schweden vergebenen EM-Bronzemedaillen von der Eishockey-WM 1966 überreicht.

Ernst Podeswa

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