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Sport: Jung, schick und allein

Jürgen Roos über Fabian Hambüchens Rolle bei der Turn-WM

Gestern Abend haben die deutschen Turner in der Stuttgarter Hanns- Martin-Schleyer-Halle trainiert. Die letzte Probe vor dem WM-Start am heutigen Samstag. Es ging nicht um Medaillen, nicht einmal um die Olympia-Qualifikation – und dennoch sahen 3000 Fans zu, meist Jugendliche. Der Grund ihres Kommens ist 1,63 Meter groß, 61 Kilo schwer, ledig und hat im Frühjahr in Wetzlar das Abitur mit der Note 3,1 bestanden. Die Turn-WM wird zu Fabian-Hambüchen-Festspielen werden. Zu nichts weniger. Aber auch nicht mehr?

Mittels ihres jungen Frontmanns, der in Stuttgart für zwei bis drei Medaillen gut ist, hat es die deutsche Turnerschaft geschafft, dass wieder über sie gesprochen und berichtet wird. Dank Hambüchen hat das Turnen ein neues Image bekommen, das nichts mit blauen Flecken an den Oberarmen, weißem Magnesiastaub und gelben Filzmatten zu tun hat. Turnen ist jung und schick geworden. Friedrich Ludwig, der Turnvater Jahn, ist schon lange tot. Und Fabian Hambüchen verspricht dem Turnen ein neues Leben. Das alles hat aber nicht nur sein Gutes.

Die umjubelten Auftritte des Reck-Europameisters geraten bisweilen zu einer One-Man-Show, bei der die übrigen Teilnehmer zu Statisten degradiert werden. Ob das gerecht ist, ist gar nicht die Frage – schließlich ist Hambüchen ja auch der einzige, der international erfolgreich ist. Für einen Turnboom oder ein dauerhaftes Hoch dieser traditionsreichen Sportart ist ein einziger Protagonist aber zu wenig.

Jürgen Roos

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