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Sport: Jupp Heynckes über Erfolge und Jugendförderung spanischer Klubs und die Rolle des Nationateams

Jupp Heynckes (55) ist Trainer des portugiesischen Fußballklubs Benfica Lissabon. In Spanien war er in der Vergangenheit bei Athletic Bilbao, CD Teneriffa und Real Madrid tätig.

Jupp Heynckes (55) ist Trainer des portugiesischen Fußballklubs Benfica Lissabon. In Spanien war er in der Vergangenheit bei Athletic Bilbao, CD Teneriffa und Real Madrid tätig. Mit Madrid gewann er 1998 die Champions League.

Herr Heynckes, aus gegebenem Anlaß: Ist Spaniens Fußball der beste in Europa?

Zumindest ist er auf Vereinsebene derzeit der erfolgreichste. Das aber ist nicht überraschend.

In Deutschland weiß man von Spaniens Fußball vor allem, dass die Vereine hoch verschuldet sind. Sie wissen mehr?

Verschuldet ist nur Real Madrid. In Barcelona, bei den Katalanen, wäre eine solche Finanzpolitik gar nicht möglich. Dort sind sehr ambitionierte, sehr fleißige und sehr solide Kaufleute am Werk. Und auch bei den anderen Klubs stimmt die Haushaltslage weitgehend. Was aber für alle Klubs stimmt, ist, dass sie extrem anspruchsvoll bei Spielerverpflichtungen zu Werke gehen.

Und dabei mit Summen hantieren, die in Deutschland zur Zeit noch undenkbar wären.

In Spaniens Fußball ist auch wesentlich mehr Geld im Umlauf. Fußball wird in Spanien viel intensiver gelebt, als anderswo in Europa. Das hat die ökonomische Entwicklung vorangetrieben. Die Stadien sind voll, die Selbstvermarktung der Klubs funktioniert, die Einnahmen aus den Fernsehverträgen sind explosionsartig gestiegen. Vereine wie Barcelona oder Real kassieren pro Jahr alleine aus diesem Topf 50 Millionen Mark.

Anders als in der Bundesliga kann sich in Spanien neben den teuren südamerikanischen Stars wie Rivaldo oder Redondo allerdings auch einheimischer Nachwuchs behaupten, Leute wie etwa Raul von Real.

Oder Casillas, der 19-jährige Torhüter von Real oder die halbe Mannschaft von Valencia, die alle aus der eigenen Jugend stammen. Parallel zu den spektakulären Transfers, haben die meisten spanischen Klubs ein enorm effizientes Ausbildungssystem aufgebaut. In allen Mannschaften, also bis runter zu zehn- oder zwölfjährigen Jungs, arbeiten professionell ausgebildete Trainer. In Bilbao, wo die zusätzliche Schwierigkeit gegeben ist, dass dort nur baskische Spieler arbeiten dürfen, kam zu dieser rein sportlichen Ausbildung eine schulische und soziale hinzu. Und damit diese Ausbildung auch planerischen Sinn macht, müssen alle Verantwortlichen einmal in der Woche zu einer Koordinations-Besprechung zusammenkommen. Das ist natürlich sehr konstruktiv.

Und ertragreich. Die technische Qualität spanischer Fußballer ragt heraus.

Sie sind technisch besser als Italiener, Engländer und natürlich Deutsche. Sie sind aber auch taktisch wesentlich weiter entwickelt als andere Nationen. Das Ergebnis ist an den internationalen Vergleichen abzulesen: Bis zur U 21 haben die spanischen Nachwuchsmannschaften nahezu alles gewonnen, was es in diesem Bereich in Europa zu gewinnen gibt. Die U 16 wurde zuletzt zweimal Europameister, die U 20 im letzten Jahr Weltmeister, und die U 21 war auch 1998 Europameister.

Was dann allerdings schnell abbricht. Spaniens Nationalmannschaft spielt international kaum eine Rolle.

Ich behaupte mal, spielte keine Rolle. Es ist wahr, dass die Nationalmannschaft keine Tradition hat. Ich bin aber fest davon überzeugt, dass sie schon jetzt bei der Europameisterschaft für Furore sorgen wird. Beleg dafür ist die unagefochtene Qualifikation. Trainer Jose Antonio Camacho hat eine bislang unbekannte Begeisterung für die Nationalmannschaft geweckt.

Bisher fiel die Auswahl mehr durch interne Querelen zwischen den Spielern aus Barcelona und Madrid auf, aus diesen Teams stammten die meisten Nationalspieler.

Eine solche Blockbildung war in Deutschland mal sehr erfolgreich. In Spanien sind die beiden Klubs, Real aus der Hauptstadt und Barcelona aus dem nach Unabhängigkeit strebenden Katalanien, zu verfeindet. Aber Blockbildung gibt es nicht mehr. In diesem Jahr ist keiner der beiden Großen Meister geworden, sondern La Coruña, Valencia mischt mit, es gibt nicht mehr diese Übermacht der beiden Traditionsklubs. Inzwischen tummeln sich in der Nationalelf Spieler aus der gesamten Primera Division.

Eine erstaunliche Entwicklung. In Deutschland wird eher diskutiert, ob die Nationalmannschaft überhaupt noch attraktiv ist.

Diese Diskussionen, ob ein Länderspiel eine zusätzliche und unzumutbare Belastung ist, sind in Spanien vollkommen undenkbar. Es mag vielleicht erstaunen, dass Spaniens Nationalspieler, die ja allesamt den gleichen Belastungen in ihren Vereinen ausgesetzt sind wie die Deutschen, es dennoch immer noch als höchste Auszeichung empfinden, für ihr Land zu spielen. Aber so habe ich es erlebt. Das Gespräch führte Helmut Schümann.

Herr Heynckes[aus gegebenem Anlaß: Ist Span]

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