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Sport: Juves Jubel

Nach dem 2:0 über Real Madrid spürt sogar der besonnene Turiner Trainer Fabio Capello so etwas wie Ausgelassenheit

Während die Tifosi im ausverkauften Stadio delle Alpi tobten und die Spieler von Juventus Turin leidenschaftlich anfeuerten, saß Trainer Fabio Capello regungslos auf der Bank. Griesgrämig blickte er durch seine Hornbrille auf das Geschehen auf dem Rasen. So wie man es vom 58-Jährigen gewohnt ist. Als aber der Uruguayer Marcelo Zalayeta in der 116. Minute den entscheidenden Treffer zum 2:0 über Real Madrid erzielte, erlebte man die Metamorphose des sonst so besonnenen Trainers. Fabio Capello hüpfte ausgelassen über den Platz und umarmte jeden, der sich nicht rechtzeitig in Sicherheit brachte.

Fabio Capello genoss sichtlich die Stunde des Triumphes, nachdem er zuletzt heftig in der Kritik stand. Capello hatte an diesem Abend alles richtig gemacht. Der Trainer hatte in der 56. Minute für den enttäuschenden Alessandro del Piero den Franzosen David Trezeguet eingewechselt. Ein kluger Schachzug, denn der Stürmer erzielte auf Zuspiel von Ibrahimovic in unnachahmlicher Manier die 1:0-Führung, die erst die Verlängerung möglich machte.

In den letzten Wochen wurde Capellos Nimbus als Erfolgstrainer arg angekratzt. Seine Autorität drohte gar untergraben zu werden. Gerade die Auswechselungsmodalitäten um den Nationalspieler Del Piero musste er immer wieder rechtfertigen. Zuletzt geriet Fabio Capello, der vor Saisonbeginn von AS Rom zu Juventus gewechselt war, auch wegen der defensiven Taktik seiner Mannschaft in Erklärungsnot. In der Meisterschaft hat seine Mannschaft innerhalb kürzester Zeit leichtfertig einen bequemen Vorsprung von acht Punkten gegenüber dem Tabellenzweiten AC Mailand verspielt. Da kam der Triumph gegen Real gerade recht. „Es ist mir noch nie passiert, dass ich bei einem Tor so gejubelt habe“, bekannte Capello. Seine Mannschaft schaffte am Mittwoch, was viele nicht für möglich gehalten hatten. Juventus Turin warf Real Madrid aus der Champions League, so wie es Fabio Capello vor der Partie angekündigt hatte. Von „Vendetta“ war die Rede, von Revanche gegen den Klub, den er 1996/97 trainierte. Fabio Capello wollte sich allerdings über diese Frage nicht auslassen. „Madrid ist ein Teil von mir, ich werde die Zeit dort nie vergessen“, sagte er. Statt zurückzublicken auf die Zeit in Spanien, lobte er den Fußball in Italien, der zuletzt fast nur negative Schlagzeilen geschrieben hatte. „Es ist endlich an der Zeit aufzuhören, schlecht über den italienischen Fußball zu reden“, sagte Capello erbost.

Die Spieler aus Madrid schwiegen betreten, auch Trainer Wanderley Luxemburgo hatte nichts zu sagen, und der brasilianische Superstar Ronaldo beschränkte sich auf ein paar Sätze. Das Stadio delle Alpi hatte ihm mal wiederPech gebracht. Beim Stande von 0:0 traf er nur den Pfosten. Im Frühjahr 1998 hatte er an gleicher Stelle mit Inter Mailand die italienische Meisterschaft verspielt. An diesem Abend bekam er nach einem Gerangel mit Alessandro Tacchinardi wie sein Kontrahent die Rote Karte. „Ich habe eine Dummheit begangen“, sagte er später.

Für die erfolglosen Real-Stars begann der Spießrutenlauf schon auf dem Turiner Flughafen Caselle. Die aufgebrachten Fans titulierten sie als „Geldsäcke“ und „Söldner“. Die teuerste Mannschaft der Welt steht vor einem Neuaufbau. Luis Figo oder Roberto Carlos werden schon als Abwanderungskandidaten gehandelt.

Vincenzo Delle Donne[Turin]

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