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Sport: Kampf den Kritikern

Der FC Bayern siegt und stürzt Kaiserslautern in Depressionen

Kaiserslautern. Manchmal gleichen die Zeiten im Fußball denen an der Börse. Nichts ist heute, wie es gestern war, aus Verlierern werden Sieger und umgekehrt. In diesen Tagen gilt das für kaum einen anderen Klub in der Bundesliga so wie für die FC Bayern München AG und seine einzelnen Ich-AGs.

Da saß Ottmar Hitzfeld nach dem 2:0-Sieg beim 1. FC Kaiserslautern auf dem Podium und lächelte. Der Mann, der jeden Tag lesen muss, wer vielleicht schon im Sommer sein Nachfolger wird, weil sein Team nur auf Platz zwei steht und kaum noch Chancen auf den Titel hat. „Ich kämpfe um einen neuen Vertrag“, sagt Hitzfeld also wieder einmal und hält den Druck auf Tabellenführer Bremen hübsch dosiert aufrecht. „Wenn Bremen patzt, müssen wir da sein.“

Michael Ballack, zuvor in der Rolle des Lenkers als überfordert eingestuft und behandelt, als sei er ein ewiger Patient ohne Hoffnung, sagte: „Man muss die Antwort auf dem Platz geben.“ Bremen solle sich nicht zu sicher sein. Er wolle seine eigene Leistung nicht beurteilen.

Das musste nach dem Spiel Roy Makaay tun, der den arg kritisierten Ballack in höchsten Tönen lobte: „Er hat sich bei der WM einen super Namen gemacht, das erwarten jetzt alle von ihm jede Woche. Aber das geht nicht. Heute hat er gezeigt, wie wertvoll er für uns ist, auch mein Tor hat er wieder vorbereitet.“ Auch Zahlen aus der Statistikabteilung wurden im Kreise des Zweiten bemüht, um den Kopf der verblassten „Sterne des Südens“ zu verteidigen. Mit der Vorlage zu Makaays Führungstreffer hatte Ballack die zehnte Vorlage gegeben, die in einen Treffer mündete, was den aktuellen Rekordwert auf diesem Gebiet darstellt.

In solchen Zeiten taugt selbst ein Erfolg beim 1. FC Kaiserslautern als Beleg für die Genesung, obwohl auf dem Rasen Klassenunterschiede klafften wie tiefe Schluchten. Tatsächlich existiert der FCB in einem Schwebezustand, in dem keiner weiß, wie es weitergeht, weder mit Hitzfeld und seinem Vertrag bis 2005 noch, ob Ballack bald nicht mehr Woche für Woche mit Ratschlägen überhäuft wird, wie er doch noch zum uneingeschränkten Regisseur werden kann.

Als sei es das Selbstverständlichste der Welt, erweckten die Sieger aus München den Eindruck, als hätten sie sich mit Platz zwei arrangiert. Makaay wurde mit seinem 20. Saisontor zur Versicherung gegen die Katastrophe, und Roque Santa Cruz trieb die Kritik der letzten Wochen zum 2:0. Mehr als ein nüchterner Pflichtsieg aber war der Erfolg nicht.

Beim Gegner aus der Pfalz löste der Bayern-Sieg eine tiefe Depression aus. Von Zuversicht und Euphorie, die noch 24 Stunden zuvor einen Verein in ein Lager von Optimisten verwandelt hatte, blieb nichts übrig. Vielen in der Pfalz rutschte beim Blick auf die Tabelle das Herz in die Hose. In der Halle des Volkes wurde geschimpft und der Frust mit reichlich Bier runtergespült. Nach 13 Punkten und vier Heimsiegen kehrten mit einem Schlag die Sorgen zurück. Überall standen sie, rechneten, drehten und wendeten orakelnd das Restprogramm hin und er. Zwei Punkte sind es nun nur noch, die die Pfälzer von Abstiegsplatz 16 trennen. „Wir müssen unsere Punkte gegen andere holen. Diese Niederlage haut uns nicht um“, sagte Kaiserslauterns Trainer Kurt Jara.

Was der Österreicher sonst noch sagte, klang dann eher nach bösem Erwachen. Schließlich ist es kein gutes Zeichen, wenn ein Fußballtrainer mitten im Abstiegskampf am Charakter einiger seiner Mitarbeiter zweifelt. Das wusste auch Jara in dem Moment als er in tiefen Zügen Luft einsog und sagte: „Hier hat man vielleicht bei Einkäufen zu sehr auf fußballerische Qualitäten geachtet und nicht auf den Charakter. Einige wissen hier immer noch nicht, um was es geht.“

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