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Sport: Kampfhund im Fußballtrikot Lazios Di Canio fällt bei Roms Derby aus der Rolle

Die Dramaturgie des Sieges nach dem Schlusspfiff war pathetisch und aufgesetzt. Nach dem 3:1-Sieg im römischen Derby lief Lazios Altstar Paolo Di Canio zur Südkurve und zeigte den gegnerischen Fans von AS Rom den faschistischen Gruß.

Die Dramaturgie des Sieges nach dem Schlusspfiff war pathetisch und aufgesetzt. Nach dem 3:1-Sieg im römischen Derby lief Lazios Altstar Paolo Di Canio zur Südkurve und zeigte den gegnerischen Fans von AS Rom den faschistischen Gruß. Auf diesen Moment habe er lange gewartet, sagte Di Canio später. Die Provokation verschaffte einerseits den Tifosi des SSC Lazio nach vielen schmachvollen Derby-Niederlagen der letzten Jahre Genugtuung; andererseits huldigte Di Canio offen den rechtsradikalen Sympathien, für die sie bekannt sind.

Lazios Spieler gebärdeten sich zeitweise wie Gladiatoren, die um ihr Leben kämpften. „Es gibt ein Samurai-Motto, das besagt: Wenn einer von einer Schlacht zurückkehrt, kommt er entweder mit dem Kopf des Gegners zurück oder ohne seinen eigenen Kopf“, fabulierte Di Canio. Kritiker monierten, sein Gemütszustand habe dem eines Kampfhundes geglichen. Schon vor dem Spiel hatte er gegen Romas Spieler gehetzt, vor allem gegen Francesco Totti. Immer wenn der Stürmer am Ball war, schwirrte eine Horde von Lazio-Spieler aus und bremste ihn, oft genug mit unfairen Mitteln. Die Fans eiferten ihren Idolen auf spezielle Weise nach: In der zweiten Halbzeit explodierte direkt neben Totti ein Feuerwerkskörper, der aus dem Lazio-Block kam. Totti erschrak, ging zu Boden und konnte dann doch unverletzt weiterspielen.

Paolo Di Canio ist für seine exaltierte Interpretation des Fußballs berüchtigt. In England, wo er fünf Jahre lang bei West Ham United spielte, verfasste er vor seinem Abschied auch seine Memoiren, die zum Bestseller wurden. Bei Lazio ist er zum Erfüllungsgehilfen des Präsidenten geworden. Claudio Lotito bekannte nach dem Spiel voller Stolz: „Auf dem Feld habe ich elf Helden gesehen.“ Di Canio pflichtete ihm bei und sagte, auf das Klubemblem anspielend: „Wir sind elf Adler, besser: achtzehn Adler.“

Klubpräsident Lotito hatte den hoffnungslos überschuldeten Verein erst im letzten Sommer gekauft. Unterstützt wurde er bei der Ersteigerung durch den Präsidenten der Region Latium, Francesco Storace. Dieser gehört wie Außenminister Gianfranco Fini (Nationale Allianz) zu den Anhängern des römischen Arbeiter-Klubs. Nach hoffnungsvollen Beginn war unter dem neuen Eigner der sportliche Erfolg allerdings eher mäßig. Nach Weihnachten wechselte Lazio kurzerhand den gesamten Trainerstab au.

„Es tut mir leid, aber hier hat nicht der Sport gewonnen“, resümierte ein nachdenklicher Roma-Trainer Luigi Del Neri. Die Appelle staatlicher Stellen an Fans und Spieler liefen auch diesmal ins Leere. Nach dem Spiel inszenierten die Tifosi die übliche Stadtguerilla. Die 5000 Ordnungskräfte konnten die Ausschreitungen vor dem römischen Olympiastadion nicht verhindern. „Wir können froh sein, dass nicht Schlimmeres passiert ist“, sagte ein Polizist. Das letzte Derby war bekanntlich abgebrochen worden, nachdem Fans das Gerücht kolportiert hatten, die Polizei habe vor dem Stadion ein Kind überfahren. So schlimm kam es diesmal nicht, aber das war auch das einzig Positive nach dem neuerlichen Eklat in der Nacht zum Freitag.

Vincenzo delle Donne[Rom]

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