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Sport: Keine Angst vor blauen Flecken

Die 14-jährige Marie-Luise Haupt ist eine der jüngsten Polospielerinnen Deutschlands – und gehört zu den großen Nachwuchstalenten /Dressurreiten war ihr zu langweilig

Von Jutta Meier

Wenn Marie-Luise Haupt zum Konditionstraining geht, ist das wesentlich aufwendiger als bei ihren Klubkolleginnen, die alle Dressurreiterinnen sind. Marie muss nicht nur ihr Pferd aufzäumen und satteln, sie muss zudem vier weitere Pferde an die Leine nehmen. Ungefähr eine halbe Stunde trabt und galoppiert sie dann mit ihnen über den Platz. Zurück im Stall müssen allesamt abgezäumt, geputzt und gefüttert werden. Danach muss Marie noch an ihrer Schlagtechnik feilen. Auf dem „Stick-and-Ball-Platz" schlägt sie ein paar Bälle, meist zu Fuß, manchmal auch auf einem der Pferde. Vier Stunden verbringt sie täglich auf der Reitanlage. Marie spielt Polo.

Mit gerade 14 Jahren ist sie eine der jüngsten Polospielerinnen Deutschlands. Die Berlinerin spielte mit zwei weiteren Mädchen, 15 und 16 Jahre alt, sowie dem 38-jährigen Alexander Schwartz in einer Mannschaft bei der Deutschen Polo-Meisterschaft im Low Goal, der untersten Spielklasse im Polo, die an diesem Wochenende auf der Poloanlage Finkenkrug in Falkensee ausgespielt wurden. Polo ist die einzige Sportart, bei der Männer und Frauen (und das auch noch in verschiedenen Altersklassen) in einer Mannschaft spielen dürfen. Dennoch spielten sie außer Konkurrenz, denn „es ging dabei vor allem um die Integration der Jugend“, sagt Klaus Buchmann, Besitzer der Reitsportanlage. Marie gehört zur ersten Generation, die die Chance haben, von klein auf in den Polosport hinein zu wachsen.

Viermal war Polo bei den Olympischen Spielen vertreten, 1936 wurde in Berlin auf dem Maifeld gespielt. Mit dem Zweiten Weltkrieg verschwand Polo aus Deutschland und wurde erst danach wieder durch die englischen Soldaten populär. Jetzt können die Kinder die Tradition übernehmen. Marie hat vor zwei Jahren angefangen. Bereits mit vier Jahren hat sie mit dem Reiten begonnen, zunächst Dressur- und Springreiten probiert, „aber auf Dauer war es mir zu langweilig, immer im Kreis zu reiten und über Hindernisse zu springen“, sagt sie. Schon als kleines Mädchen galoppierte sie nur mit Halfter über die Felder.

Das kommt ihr nun zu Gute. „Die jungen Leute haben einfach ein viel besseres Gleichgewicht auf den Pferden, und darauf kommt es an“, sagt Buchmann. Außerdem seien die jungen Talente schnell, da sie keine Angst kennen. „Marie ist die beste Abreiterin. Die hat überhaupt keine Hemmungen“, sagt ihre Freundin Maibrit. Beim Abreiten wird der Gegner mit dem eigenen Pferd abgedrängt. Dabei kommt es im ungünstigsten Fall schon einmal zu blauen Flecken an dem Bein, das zwischen den Pferden steckt.

Klaus Buchmann baut auf die junge Generation, durch die sein Klub zur deutschen Polo-Hochburg Hamburg aufschließen könnte. Was die Masse betrifft, liegt Berlin schon lange vorn. Von den insgesamt etwa 300 Polospielern in Deutschland kommen rund 60 aus Berlin, 32 davon aus Maries Poloclub Berlin-Brandenburg (PCBB). „Das ist viel für einen Poloclub“, sagt ihr Vater.

Aber Polo? Das ist doch eigentlich die Sportart der Adligen, der Reichen und Schönen – und vor allem die von Prinz Charles. In Finkenkrug ist davon nichts zu spüren. Es gibt selbstgemachten Pflaumenkuchen mit Schlagsahne, Bio-Wein statt Champagner. „Klar gibt es auch solche Turniere wie das auf Sylt zum Beispiel, und die sind auch mal ganz nett“, sagt Klaus Buchmann. „Aber eigentlich wollen wir weg von diesem Schickimicki-Image.“ Auch da baut er auf Maries Generation.

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