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Sport: Klasse en masse

Martina Glagow gewinnt in Oberhof – vier deutsche Biathletinnen kommen unter die besten fünf

Am letzten Berg stampfte Martina Glagow so dynamisch durch den Pulverschnee, dass ihre Ski und Stöcke sich beängstigend durchbogen. Ohne dieses Alles oder Nichts hätte die kleine Frau aus Mittenwald wohl keine Chance gehabt, ihren ersten Weltcupsieg dieser Saison zu erreichen, derart spannend ging es beim Massenstartrennen über 12,5 Kilometer in Oberhof zu. Wie zuvor bei den Männern über 15 Kilometer, das der Norweger Halvard Hanevold vor Sven Fischer (Oberhof) und Raphael Poirée (Frankreich) gewonnen hatte, waren dafür die 30 Besten im Gesamtweltcup zugelassen.

Nicht einmal beim viermaligen Schießen hatte es diesmal eine Vorentscheidung gegeben. Martina Glagow und die Russin Olga Pylewa trafen liegend und stehend alle 20 Scheiben, aber auch Katrin Apel, die glänzende Läuferin, kam nach einem Fehler beim dritten Anschlag rechtzeitig wieder an die Spitze. „Ich kann mich lange nicht mehr an ein derart spannendes Massenstartrennen erinnern“, sagte Bundestrainer Uwe Müßiggang. Im Ziel hatte der erfolgsverwöhnte Coach sogar etwas bisher Einmaliges erlebt: Dass sechs seiner Schützlinge unter den ersten neun ankamen, das hatte es noch nie gegeben. Aber den Höhepunkt der Biathlontage von Oberhof, die von insgesamt 93 000 Zuschauern besucht wurden, schaffte letztlich Martina Glagow. „Meine Krankheitspause zuvor ist mir offensichtlich gut bekommen“, sagte sie, „nach ein paar Bummeleinlagen auf der letzten Runde hatte ich die größten Reserven.“ Zwei Sekunden vor Pylewa und 5,3 vor Apel stürmte sie durch das Ziel. Trotz jeweils dreier Strafrunden für Fehlschüsse kamen hinter diesem Trio noch Kati Wilhelm (Oberhof) und Uschi Disl (Ruhpolding) ins Ziel.

Knapp drei Stunden zuvor war es im Männerrennen über 15 Kilometer ähnlich spannend zugegangen, doch nicht gleichermaßen erfolgreich für die Deutschen. Wie ein alter Mann war Ricco Groß, der chancenreichste Deutsche, am Ende durch die Mixedzone geschlichen. Kein Vergleich zu seinem Auftritt ein paar Minuten zuvor. Bis kurz vor dem vierten Schießen war er noch dem ersten Weltcup-Saisonsieg sehr nahe, da aber spürte der 36 Jahre alte Biathlet aus Ruhpolding einen stechenden Schmerz im unteren Lendenwirbelbereich. Ein falscher Schritt und schon war es passiert. „Ich stand danach beim Schießen ziemlich beschissen, aber die Fehler habe ich letztlich selbst gemacht“, beschrieb Groß die unmittelbaren Auswirkungen des Hexenschusses. Als Erster war er noch an den Schießstand gekommen und nach zwei „dicken Klöpsen“ hatte er ihn als Siebenter wieder verlassen.

Diesen Rang, der ihm noch 30 Weltcuppunkte einbrachte, rettete er mit letztem Einsatz knapp ins Ziel. Bundestrainer Frank Ullrich bescheinigte seinem erfolgreichen Saisonspätstarter bis zu diesem Zeitpunkt „ein perfektes Rennen“. Groß haderte dann auch mit seinem Schicksal: „Das ist sehr schade, denn ich dachte, dass ich diese Hexenschuss-Geschichte, mit der ich mich seit 2002 herumplage, überwunden hätte.“ Zur Siegerehrung der acht Besten schleppte er sich dennoch: „Wenn ich schon ein paar Euro gewinne, dann möchte ich mich den Fans auch zeigen.“

Bei idealem Winterwetter, wie sonst meist nur auf Oberhofer Hochglanzpostkarten zu sehen, lief ein Norweger ganz nach vorne: Halvard Hanevold, der ständig Druck auf Groß gemacht hatte. Das Pech des Deutschen war das Glück des 36-Jährigen, der seit 1994 im Weltcup dabei ist. „Olympia kommt und meine Form steigt, dieser Sieg gibt mir sehr viel Selbstvertrauen“, sagte er. In 39:00,6 Minuten behauptete sich Hanevold. Um den zweiten Platz gab es nach dem vierten Schießen einen Zielsprint zwischen Sven Fischer (Oberhof), Raphael Poirée (Frankreich), Maxim Tschudow (Russland) und Ilmars Bricis (Lettland). Alle blieben sie dabei fehlerfrei. „Mich hat diese Null erst so richtig nach vorn gespült“, sagte Fischer, der mit einer Schnellfeuereinlage den Grundstein zum zweiten Platz legte. „Es hat so richtig Spaß gemacht, Raphael Poirée noch zu packen.“

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