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Viel beschäftigt. Klaus Kinkel steht dem DFB beratend zur Seite.

© Matthias Balk/dpa

Ethik-Kommission des DFB: Klaus Kinkel zieht Bilanz

Ethik-Kommission des DFB behandelt 30 Fälle. 14 sind abgeschlossen worden, doch vor allem in der Sommermärchen-Affäre sind noch Fragen offen.

Von David Joram

Klaus Kinkel hat am Sonntag seinen 81. Geburtstag gefeiert. Es spricht für ihn, dass dies auch ein gewaltiger Irrtum sein könnte. Er wirkt bedeutend jünger und frischer. Das Reden fällt dem früheren FDP-Politiker noch immer leicht. Wenn Kinkel trotz seiner vielen Lebensjahre, die er fernab der Heimat verbracht hat, ins Schwäbeln kommt, klingt das sympathisch. "Dadididum", schwäbelt Kinkel manchmal, was so viel heißt wie: und so weiter, und so weiter. Man lauscht Kinkel gerne, zumal er auch wieder ein wichtiges Amt inne hat. Seit November 2016 steht er jener Ethikkommission vor, die den Deutschen Fußball-Bund (DFB) beraten soll. "Wenn es", so Kinkel, "um Fälle geht, die der Integrität des DFB, seiner Mitgliedsverbände oder der Integrität des Fußballs generell schaden".

Reinhard Grindel, der DFB-Präsident, hatte Kinkel vor etwas über einem Jahr um diese Aufgabe gebeten. Grindel und Kinkel kennen sich aus gemeinsamen Sitzungen im Bundestag, der ehemalige Außenminister arbeitete dort einst auch im Sportausschuss. Kinkel legt großen Wert darauf, zu betonen, dass die fünfköpfige Ethikkommission „unabhängig“ vom DFB sei, "total unabhängig" sogar – auch wenn der Verband die Kommission budgetiert.

Der "neuen Führung" des DFB stellt Kinkel ein gutes Zeugnis aus, sie gebe sich "gewaltige Mühe". Die Zusammenarbeit zwischen Kommission und DFB laufe gut, fasst Kinkel sein erstes Jahr als Vorsitzender zusammen. "Unsere Intention ist es, dem DFB zu helfen", sagt er. 30 Vorgänge habe man vom 1. Januar bis zum 1. Dezember bearbeitet, 14 seien abgeschlossen worden. Es ist das erste Mal, dass Kinkel einen Einblick in die Arbeit der Kommission gewährt; man habe sich aus Gründen des Datenschutzes und der Vertraulichkeit bisher nicht an die Medien gewandt.

Was die Organisation betrifft, besteht beim DFB Nachholbedarf

Kinkel, ganz Diplomat, der er mal war, sieht die Rolle der Kommission vor allem in der Vermittlung. Von der "Perspektive eines Hubschraubers" aus betrachte man die Fälle, kontaktiere die Parteien und gebe Empfehlungen ab, sofern dieser Wunsch aktiv an die Kommission herangetragen werde. Wie im Fall um die Missstände im Schiedsrichterwesen, die der Berliner Schiedsrichter Manuel Gräfe im Interview mit dem Tagesspiegel publik gemacht hatte. Es ging um Mobbing, Vetternwirtschaft, verknüpft mit harter Kritik an den Schiri-Bossen Herbert Fandel und Hellmut Krug. Da habe es Gesprächsrunden zwischen DFB und Schiedsrichtern gegeben, der DFB habe den Vorschlag der Kommission übernommen, so Kinkel. Gräfe bekam im November einen Maulkorb verpasst, Fandel und Krug wurden Kompetenzen entzogen. Die Kommission selbst kann keine Sanktionen verhängen.

Kein Fall für die Kommission ist bislang die geplante Übernahme von Hannover 96 durch Martin Kind. Mit der Causa um die 50+1-Regel sei bisher schlicht niemand an die Kommissionäre herangetreten, so Kinkel. Die Strukturen des DFB, der nach Ansicht Kinkels eine Vielzahl an Gremien mit zum Teil unklaren Zuständigkeiten hat, sind derweil ein zentrales Thema. Interessenskonflikte durch Ämterhäufung, die Verquickung von Haupt- und Ehrenamt, ein fehlendes Aufsichtsorgan, kurzum: Was die Organisation betrifft, besteht beim DFB Nachholbedarf. Die Kommission will helfen.

Was die Ungereimtheiten um die "Sommermärchen-Affäre" angeht, agiert die Kommission noch abwartend. "Wir werden sehen, wie sich das entwickelt", sagte Kinkel und verknüpfte dies mit Kritik an der Ethik-Kommission der Fifa. Im Mai waren dort die beiden Vorsitzenden abgesetzt worden. An der neuen Spitze und ihrem Aufklärungswillen bestehen Zweifel. Kinkel will Anfang 2018 in der Schweiz vorstellig werden, um mehr über den deutschen Anteil an der Affäre herauszufinden. Allerdings gelten laut Satzung der DFB-Ethikkommission Verjährungsfristen, wonach alle Fälle vor Dezember 2012 für Kinkels Team passé seien. Gut möglich also, dass Kinkel noch häufig Dadididum sagen wird, bevor in dieser Angelegenheit eine Empfehlung auf dem Tisch liegt. Sofern es soweit überhaupt kommt.

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