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Sport: Knoten im Kopf

Der Skispringer Sven Hannawald leidet am Burn-out-Syndrom

Berlin. (Tsp) In der vergangenen Woche hatte er noch Urlaub auf Ibiza gemacht. Sven Hannawald wollte nach einer verkorksten Saison Kraft tanken für den kommenden Winter. Jetzt wird der 29jährige Skispringer, von der Öffentlichkeit abgeschirmt, in einer Spezialklinik behandelt - wegen des so genannten Burn-out-Syndroms. Sven Hannwald, 2000 und 2002 Weltmeister im Skifliegen und Sieger der Vierschanzentournee, verkraftete den öffentlichen Druck, der mit jedem schlechten Resultat größer wurde, nicht mehr. Seine physische Leistungsfähigkeit sank, die Energiereserven waren irgendwann erschöpft. Der beste deutsche Skispinger der vergangenen Jahre hat kapituliert. Vorerst.

Die Nachricht von Hannawalds Problemen, die sich schon im vergangenen Winter angedeutet hatten, wurde im deutschen Skisprung mit großer Anteilnahme aufgenommen. „Ich bin völlig konsterniert“, sagte der zweimalige Olympiasieger Jens Weißflog. Ex-Bundestrainer Reinhard Heß, der Hannawald über viele Jahre betreut hatte, war geschockt. „Es bewegt mich innerlich sehr, was mit Sven passiert ist. Ihm muss jede Hilfe zuteil werden. Er muss wieder gesund werden, ganz gleich, ob er wieder Skispringen kann oder nicht“, sagte Heß.

Laut Ernst Jakob, Mannschaftsarzt des Deutschen Skiverbandes (DSV), sei vorerst nicht abzusehen, wann Hannwald wieder Leistungssport betreiben könne. „Die Therapie in der Spezialklinik, die vorerst auf eine Dauer von sechs Wochen angelegt ist, kann durchaus länger dauern. Es kommt darauf an, wie sie anschlägt. Das ist bei jedem anders“, sagte Jakob. Als hoffnungsvolles Zeichen wertete Hannawalds Vertrauensarzt die Tatsache, dass der Springer seine Probleme selbst offenbart hat. „Er ist zu mir gekommen, weil ihm klar geworden ist, dass er etwas machen muss. Es war auch sein Wunsch, dass die Öffentlichkeit informiert wird. Diese positive Einstellung ist sehr wichtig“, sagte Jakob.

Sven Hannawald ist nach den Fußball-Profis Sebastian Deisler (Bayern München) und Jan Simak (Hannover 96) der dritte prominente Sportler, der am Burn-out-Syndrom leidet und für längere Zeit ausfällt. Und die Fälle der Fußballer lassen Zweifel an einer schnellen Rückkehr des 29-Jährigen. Deisler war wegen Depressionen fast fünf Monate im Max-Planck-Institut behandelt worden, Simak ist nach seinem Ausstieg im September des Vorjahres immer noch nicht auf den Rasen zurückgekehrt.

Die Chancen auf ein Comeback Hannawalds im Winter mit der Heim-WM in Oberstdorf als Höhepunkt sind daher vage. Der Sportpsychologe Lothar Linz geht noch weiter: „Ich rechne nicht damit, dass er seine Bestleistungen noch einmal erreicht. Es ist nicht sein erstes Loch, für das nächste Jahr hat er nicht die volle Vorbereitungszeit, er ist bereits 29 Jahre alt. Und der Knoten im Kopf dürfte zu groß sein“, sagte Linz in einem Interview der „Welt am Sonntag“.

Beim DSV ist die Frage nach Hannwalds Rückkehr derzeit zweitrangig. „Sven hat alle Zeit der Welt, wieder gesund zu werden. Jetzt ist das Wichtigste, zuerst dem Menschen, dann dem Sportler Hannawald zu helfen“, sagte Sportdirektor Thomas Pfüller.

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