zum Hauptinhalt
Konstantin Igropulo, 27, trifft mit den Füchsen in der Champions League auf seinen Ex-Klub Barcelona.

© Camera 4

Konstantin Igropulo im Interview: "Ich wechsle gern den Verein"

Vor dem Champions-League-Spiel gegen den FC Barcelona erzählt Handball-Kosmopolit Konstantin Igropulo im Tagesspiegel-Interview von seiner persönlichen Europa-Tour.

Herr Igropulo, in welcher Sprache wollen wir dieses Gespräch führen?

Ich kann zwar schon ein bisschen Deutsch, aber noch nicht genug. Deshalb am liebsten in Englisch.

Ihre Teamkollegen berichten, dass Sie sprachlich überaus bewandert sind.

Deutsch ist die sechste Sprache, die ich lerne. Ich spreche natürlich Russisch, das ist meine Heimatsprache. Und außerdem noch Serbisch, Spanisch, Englisch und Griechisch. Mein Großvater kam aus Griechenland, das erkennt man ja auch an meinem Nachnamen. Heute bin ich allerdings der einzige in meiner Familie, der des Griechischen mächtig ist.

Weil Sie in Griechenland gespielt haben, Athen war Ihre erste Auslandsstation.

Und für meine persönliche Entwicklung die wichtigste, weil ich dort gelernt habe, auf eigenen Beinen zu stehen. Ich war ja gerade mal 17 Jahre alt, als ich nach Athen gewechselt bin.

Handball ist in Griechenland allerdings nicht sehr populär.

Veto. Vor den Olympischen Spielen hat man versucht, ein gutes Team aufzubauen. Ich war damals russischer Junioren-Nationalspieler, man hat mich auch gefragt, ob ich für Griechenland spielen möchte. Ich habe lange darüber nachgedacht – und mich dagegen entschieden.

Warum?

Es gab da diese eine Nacht. In Athen schneite es, was wirklich sehr selten vorkommt. Das war wie ein Zeichen für mich, es hat mich an meine Heimat erinnert. Ich habe damals in der Nähe eines großen Stadions gewohnt. Dort bin ich nachts hingegangen, habe den Platz betreten und „Russland“ in den Schnee geschrieben. Diesen Moment werde ich immer als sehr speziellen in Erinnerung behalten.

Nach zwei Jahren in Athen sind Sie nach Moskau zum russischen Topklub Tschechow gewechselt, von dort aus zum FC Barcelona. Jenem Klub also, auf den Sie am Sonntag in der Champions League mit den Füchsen treffen (17.15 Uhr, Arena am Ostbahnhof).

Das Motto des FC Barcelona lautet ja „Mehr als ein Verein“ – und so ist es auch. Der Klub ist eine große Familie, ganz egal, welche Sportart man betreibt: Basketball, Handball, Fußball – alle Abteilungen sind außerordentlich erfolgreich. In meinen drei Jahren in Barcelona haben wir alle Titel gewonnen, die man gewinnen kann: nationaler Pokal, nationale Meisterschaft und 2011 die Champions League. Mir sind allerdings in erster Linie die herzlichen Menschen in Erinnerung geblieben. Ich habe viele Freunde in Barcelona gewonnen.

Warum Konstantin Igropulo nach Berlin wechselte

Vor der Saison sind Sie nach Berlin gewechselt, obwohl Laszlo Nagy, einer der besten Rückraumspieler der Welt und der größte Konkurrent auf Ihrer Position, den FC Barcelona ebenfalls verlassen hat. Warum?

Ich habe in meiner Karriere ausschließlich Drei-Jahres-Verträge unterschrieben: in Tschechow, in Barcelona, jetzt in Berlin – ich bin nicht der Typ, der sein Leben lang für einen Verein spielt. Ich mag es, nach ein paar Jahren den Verein zu wechseln. Für Berlin sprachen mehrere Argumente: die sportliche Perspektive, die Stadt – und die Bundesliga. Am zweiten Weihnachtsfeiertag haben wir in der Schmeling-Halle vor 9000 Fans gespielt – und der Gegner war, bei allem Respekt, nur Neuhausen. Dieses Interesse am Handballsport ist weltweit einmalig.

Sportlich läuft es auch gut. Sie haben sich einen Stammplatz bei den Füchsen erspielt, zählen zu den besten Torschützen.

Menschlich habe ich mich vom ersten Tag an wohl gefühlt, dazu hat auch unser Trainingslager in Island am Saisonbeginn beigetragen. Wir haben dort als Team so viel erlebt, dass sich eine Woche wie ein Monat angefühlt hat. Wir haben bis in die Nacht Paintball gespielt und eine Wildwasser-Tour unternommen. Aber wollen Sie die beste Geschichte hören?

Erzählen Sie.

Unser Trainer hat Dreier-Teams gebildet, die markante Orte auf der Insel besuchen und fotografieren sollten – als Nachweis, dass wir da waren. Das Team Heinevetter, Romero und Igropulo sollte einen hohen Berg besteigen, den man nur bedingt mit Fahrzeugen erreicht. Normalerweise muss man die letzte Etappe laufen, das dauert etwa eine Stunde. Iker sagte: Das kann ich nicht! Ich habe dann gescherzt, dass wir einen Helikopter mieten können. Das haben wir dann auch gemacht. Unsere Teamkollegen sind alles mit dem Fahrrad abgefahren, wir sind dagegen Helikopter geflogen – und haben unser Geheimnis erst am letzten Tag gelüftet.

Wie war die Reaktion des Teams?

Alle haben gelacht. Iker hat leichte Flugangst. Dass er in einen Helikopter gestiegen ist, war ein kleines Wunder. Er ist halt ein Spaßvogel, der sportlich und emotional wichtig ist. In guten Zeiten bremst er uns, in weniger guten baut er das Team auf. Iker ist eine Legende. Ich kannte ihn ja schon aus Barcelona und freue mich, dass ich bei Auswärtsfahrten das Zimmer mit ihm teile.

Zurück aus Island standen die ersten Spiele an. Dabei hatte man oft den Eindruck, dass Sie noch nicht angekommen sind in Deutschland, im Team.

Dagur Sigurdsson hat mir vom ersten Tag an das Vertrauen geschenkt, das war sehr wichtig. Sport beginnt immer im Kopf. Ich habe mich auf die Saison gefreut, war fokussiert – und dann ist mein Vater verstorben. Das hat mich aus der Bahn geworfen, deshalb habe ich auch das Hinspiel gegen Barcelona verpasst. Mittlerweile bin ich angekommen in Berlin. Ich mag die Stadt, den Klub und die Mitspieler.

Und im Rückspiel gegen Barcelona sind Sie auch dabei. Haben die Füchse eine Chance gegen diese Weltauswahl?

Natürlich, wir spielen vor 13.000 Zuschauern. Ich zitiere Iker Romero, der im vergangenen Jahr ein geflügeltes Wort bei uns eingeführt hat: Alles ist möglich.

Das Gespräch führte Christoph Dach.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false