zum Hauptinhalt
Augenwischerei. Roger Federer leistete sich zu viele Fehler und kann seinen Titel bei den Australian Open nicht mehr verteidigen. Foto: AFP

© AFP

Sport: Kronprinz schlägt König

Roger Federer unterliegt Novak Djokovic und verpasst das Finale in Melbourne

Für einen Moment keimte noch einmal Hoffnung auf in der dicht besetzten Rod-Laver-Arena. Roger Federer war das Rebreak im dritten Satz gelungen, er hatte zum 4:4 ausgeglichen. Vielleicht schien doch noch nicht alles verloren für den Schweizer in diesem Halbfinale der Australian Open, so hofften zumindest die 15 000 Zuschauer. Doch Federer stand mit dem Rücken zur Wand. Er spielte gut, aber nicht gut genug, gegen Novak Djokovic, der wie entfesselt auftrat. Und so währte die Zuversicht der Federer-Anhänger nur einen flüchtigen Augenblick, sein nächstes Aufschlagspiel gab er direkt wieder ab, Djokovic ließ sich den Sieg nicht mehr nehmen. Mit 7:6 (7:3), 7:5 und 6:4 zog der Serbe in das vierte Grand-Slam-Finale seiner Karriere ein, nach „einem der besten Matches, das ich je gespielt habe“, wie er glücklich sagte.

Roger Federer dagegen verließ gesenkten Hauptes jenen Ort, an dem er vor einem Jahr noch die Trophäe in den Händen gehalten hatte. Der 16-malige Grand-Slam-Sieger blieb ratlos in Melbourne zurück. „Ich finde nicht, dass ich schlecht gespielt habe. Er war heute einfach der bessere Spieler. Das muss ich so akzeptieren“, sagte Federer. In einem intensiven und temporeichen Match hatten sich beide Spieler zu immer aggressiverem und riskanterem Spiel getrieben. Djokovic ließ sich dabei von den serbischen Schlachtenbummlern mitreißen, die jede seiner Aktionen frenetisch feierten. „Ich habe mich wie im Fußballstadion gefühlt, das war toll“, sagte der Weltranglistendritte, der sich nach jedem wichtigen Punkt martialisch mit der Faust aufs Herz schlug.

Diese Adrenalinschübe sollten ihm helfen, Federer hingegen ließ sein erster Aufschlag zu oft im Stich. Ungewöhnlich oft unterliefen dem Schweizer zudem unnötige Fehler, 44 insgesamt, besonders häufig mit der Rückhand. „Ich denke nicht, dass meine Rückhand das Problem war“, sagte Federer. „Es war ein sehr schnelles Match mit vielen langen Ballwechseln. Da passiert das schon mal.“ Entscheidend war eine Schwächephase des Schweizers im zweiten Satz, als er eine 5:2-Führung nicht halten konnte. Djokovic gewann fünf Spiele in Folge und drehte die Partie in seine Richtung. „Das erste Break hätte ich da nicht kassieren dürfen, danach lief manches gegen mich“, sagte Federer.

Bereits vor drei Jahren hatten sich die beiden an gleicher Stelle gegenüber gestanden. Und auch damals war es Djokovic gewesen, der den Favoriten in drei Sätzen düpierte. Später hatte Federer festgestellt, dass er zu diesem Zeitpunkt bereits mit dem Pfeifferschen Drüsenfieber infiziert war, was seine Formschwäche erklärte. Allerdings hatte Djokovic auch damals schon stark gespielt und den Titel in Melbourne gewonnen.

Die Vorzeichen stehen nun erneut günstig für den Serben – in Rafael Nadal ist auch der zweite große Favorit bereits ausgeschieden. Im zweiten Halbfinale treffen am heutigen Freitag Andy Murray und David Ferrer aufeinander, beide haben noch keinen großen Titel gewonnen.

Es bleibt abzuwarten, ob sich in Australien bereits die Wachablösung der beiden Dominatoren des Herrentennis andeutet, die 21 der letzten 23 Grand-Slam-Titel unter sich aufgeteilt hatten. „Fragen Sie noch mal in sechs Monaten“, sagte Federer etwas barsch, „ich bin jetzt sehr enttäuscht, aber das ist nicht das Ende. Es kommen noch viele Turniere und ich bin optimistisch.“ Das Finale der Kronprinzen wird sich Federer jedoch nicht anschauen. In den nächsten zehn Tagen wird er sich mit seiner Familie zum Urlaub zurückziehen. Abschalten und den Kopf frei kriegen möchte er. „Ich denke, ich brauche nur einmal darüber schlafen, dann ist diese Niederlage vergessen.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false