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Kubica

© AFP

Kubica-Unfall: Hans rettet Robert

Dass der polnische Formel-1-Pilot Robert Kubica seinen Unfall überlebt hat, ist vor allem einer Errungenschaft der Technik zu verdanken.

Als Niki Lauda den BMW-Sauber von Robert Kubica sah, oder besser das, was noch davon übrig war, schüttelte es ihn. „Zu meiner Zeit wäre man bei so einem Umfall zweimal tot gewesen“, sagte der dreimalige Formel-1- Weltmeister, der 1976 einen Crash nur äußerst knapp überlebt hatte. Robert Kubica starb nicht. Selbst die Meldung über einen Knöchelbruch wurde später zurückgezogen – der 22-Jährige trug lediglich eine leichte Gehirnerschütterung, ein paar Prellungen und einen verdrehten Knöchel davon.

Der Pole war beim Großen Preis von Kanada in Montreal bei Tempo 280 von der Strecke abgekommen, zunächst in das geparkte Auto eines Konkurrenten und dann fast frontal in die Begrenzungsmauer gerast und hatte sich anschließend mehrfach überschlagen. Sein Wagen zersplitterte bei dem Unfall wie eine Kristallvase, doch anders als im ersten Moment befürchtet, blieb der Passagier des zerfetzten BMW praktisch unverletzt.

Robert Kubica hat sein Leben zu allererst Hans zu verdanken. Hans steht für „Head and Neck Support“ (Kopf- und Halsschutz) und wurde vor mehr als 20 Jahren von dem US-amerikanischen Wissenschaftler Robert Hubbard entwickelt, der einen seiner Freunde bei einem Autorennen verloren hatte. Hubbard hatte erkannt, dass die meisten tödlichen Verletzungen im Motorsport den Kopf- und Halsbereich betrafen (Schädelbasisbruch, Genickbruch), weil diese sensible Körperpartie den brutalen Verzögerungskräften bei Unfällen meist schutzlos ausgeliefert war. Das Hans-System ist seit 2003 Pflicht in der Formel 1 und wirkt bei einem Unfall von vorne oder hinten wie ein Sicherheitsgurt für den Kopf. Der Helm wird mittels elastischer Bänder an einer Art Nackenstütze befestigt, die der Fahrer auf den Schultern trägt und die wiederum vom regulären Sicherheitsgurt gehalten wird. Die Bänder bremsen die abrupte Bewegung des Kopfes bei einem Aufprall und verhindern Halsverletzungen und das Aufschlagen des Kopfes auf das Lenkrad oder die Wand des Cockpits. Ohne dieses System hätte Kubica vermutlich nicht überlebt. In einem ähnlichen Winkel bei vergleichbarer Geschwindigkeit war 1994 Roland Ratzenberger in Imola in die Begrenzungsmauer gerast. Der Österreicher hatte keine Überlebenschance und brach sich das Genick.

Das Cockpit ist der andere Schlüssel zu Robert Kubicas zweitem Leben. Es wird Monocoque genannt, weil es in einem Stück hergestellt wird. Das Monocoque ist die fast unzerstörbare Überlebenszelle des Piloten. Es besteht aus extrem widerstandsfähiger Kohlefaser – einem Stoff, der selbst bei heftigsten Verzögerungen kaum nachgibt – und ist mit einem Material überzogen, das normalerweise für schusssichere Westen benutzt wird und das Eindringen von Gegenständen verhindern soll. In vom Motorsport-Weltverband vorgeschriebenen Crashtests muss das Monocoque einer Frontalaufprall-Belastung von 20 Tonnen standhalten. Kubicas Cockpit blieb in Montreal auch tatsächlich fast komplett intakt, doch die Fußabdeckung an der Spitze hielt nicht – daran lässt sich erahnen, welche Kräfte gewirkt haben müssen.

Eine derart steife Zelle aber kann für den Fahrer auch zur Bedrohung werden, wenn sie die Aufprallenergie ungefiltert an ihn weitergibt. Um diese Energie zu absorbieren und schweren Knochenbrüchen vorzubeugen, ist das Cockpit mit einem weichen Schaumpolster ausgekleidet. Außerdem schützen spezielle Schoner die Beine des Fahrers, die aufgrund ihrer Lage besonders gefährdet sind, und eine weiche Ummantelung der Einstiegsluke federt den Kopf zusätzlich bei einem Unfall ab und ein Überrollbügel schützt ihn zudem bei Überschlägen.

Christian Hönicke

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