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Sport: Lasst uns bitte absteigen

Mit nicht ganz fairen Mitteln streiten zwei süddeutsche Ringerklubs darum, wer die Bundesliga verlassen darf.

Was er im schlimmsten Fall mit all den Brötchen und Bratwürsten soll, weiß Dieter Böpple nicht. „Wir müssen uns ja normal vorbereiten und alles bestellen“, sagt Böpple. Er ist Abteilungsleiter der Bundesligaringer des TSV Musberg. Am Freitag findet der Rückkampf in der Relegation der Bundesliga statt. Eigentlich. Denn erstens ist das Duell des Letzten der Westgruppe gegen den Letzten der Oststaffel, den SV Untergriesbach, ziemlich überflüssig geworden, zweitens weiß keiner, ob die Untergriesbacher überhaupt antreten. Im Hinkampf unterlagen die Bayern den Schwaben 0:36. Und das absichtlich, wie man beim Verband argwöhnt.

Die Totalverweigerung einiger Klubs beschert dem Deutschen Ringer-Bund (DRB) seit einiger Zeit ein massives Disziplinproblem in seinen Ligen eins und zwei. Zuerst wollten die Zweitligaringer aus Benningen nicht aufsteigen, weil die Bundesliga zu teuer ist und kleine Klubs wie die Benninger von vornherein chancenlos Niederlage nach Niederlage kassieren würden. Dann kündigten die Musberger an, sich „sportlich fair“ aus der ersten Liga zurückziehen zu wollen. Dann sorgte eben Untergriesbach für den nächsten Eklat, in dem es mit schwacher und lückenhafter Besetzung 0:36 verlor.

Nun prüft die Disziplinarkommission des DRB Schritte gegen Untergriesbach. Das Urteil könnte ähnlich drastisch ausfallen wie im Falle Benningens. Der TSV wurde zu einer Geldstrafe von 8000 Euro und einem Zwangsabstieg in die Verbandsliga bestraft. Es handle sich im Fall von Untergriesbach vorerst um ein schwebendes Verfahren, deshalb müsse der Rückkampf am Freitag in Musberg stattfinden, heißt es beim DRB. Eintritt könne man für eine derartige Veranstaltung kaum verlangen meinen nun die Musberger, die sich inzwischen damit abgefunden haben, in der ersten Liga bleiben zu müssen. „Wir wollten sportlich absteigen“, sagt Böpple. „Aber wir sind gespannt, wie der Verband reagiert.“ Am liebsten wäre Musberg eine Absage des Kampfes am Freitag. Dann wäre auch gleich das Problem mit den Brötchen und Würsten geregelt.

Kommt das Urteil nicht rechtzeitig, wonach es aussieht, weil Stellungnahmen überall von allen Beteiligten eingeholt werden müssen, muss am Freitag in Musberg gekämpft werden. „Wir werden nicht auf den Zug aufspringen und uns fair verhalten, sprich eine komplette Mannschaft stellen“, heißt es aus Musberg. Zähneknirschend bliebe man erstklassig und trägt die Probleme eines kleinen Klubs ein weiteres Jahr. Mit dem Etat von 100 000 hat Musberg keine Chance gegen die Favoriten der Liga, die mindestens das Drei- bis Vierfache ausgeben. Die Folge: Dauerniederlagen, die Frust beim Nachwuchs auslösen, während die reichen Klubs sich Welt- und Europameister aus dem Osten leisten, die nur zu den Kämpfen einfliegen. Von 24 Erstligavereinen seit 2006 sind nur noch die Hälfte im Oberhaus am Start.

Der DRB hat sich entschlossen, mit aller Härte gegen schwarze Schafe vorzugehen, die das Leistungsprinzip mit Füßen treten. „Wir haben Regeln“, sagt Karl Rothmer, der für die Bundesliga zuständige Vizepräsident des DRB. Und Präsident Manfred Werner schimpfte, die Klubs wollten zwar in die Bundesliga, „aber, wenn sich die Sponsoren zurückziehen“, dann solle „plötzlich der Ausstieg light mit wenig Problemen her“. Man könne kein „wildes Hin- und Herspringen zwischen den Ligen dulden“. Sonst sei Ringen bald wie Wrestling. Beim DRB will man trotzdem über Reformen nachdenken und so den Klubs entgegen kommen.

Für Musberg hätte der Verbleib in der Bundesliga vielleicht auch einen positiven Aspekt. Das schwäbische Eigengewächs Frank Stäbler, der einzige deutsche Ringer, der sich bei der letzten Weltmeisterschaft die Qualifikation für Olympia in London sicherte, könnte seinen angestrebten Vereinswechsel noch einmal überdenken.

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