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Sport: Leiser Rassismus

Nein, ins Gesicht gespuckt hat ihm noch niemand und auch nicht beschimpft oder beleidigt wegen seiner Hautfarbe. Offene Diskriminierung ist Wendell Alexis, Basketballstar von Alba Berlin, in fünfeinhalb Jahren in Deutschland erspart gelieben.

Nein, ins Gesicht gespuckt hat ihm noch niemand und auch nicht beschimpft oder beleidigt wegen seiner Hautfarbe. Offene Diskriminierung ist Wendell Alexis, Basketballstar von Alba Berlin, in fünfeinhalb Jahren in Deutschland erspart gelieben. Versteckter Rassismus nicht. "Es sind kleine Dinge, aber es gibt sie", sagt der 37-Jährige. Heute spielt er ab 15 Uhr in der Schmeling-Halle beim deutschen All-Star-Day, der unter dem Motto "Bündnis für Demokratie und Toleranz - gegen Extremismus und Gewalt" steht.

Im Supermarkt etwa ist "ein älterer Deutscher in der Schlange an der Kasse an mir vorbeigegangen. Ich glaube, einem Weißen wäre das nicht passiert. Übersehen haben kann der Mann micht nicht - nichts im ganzen Laden war größer als ich." Oder die Blicke an der roten Ampel. Alexis sitzt in seinem Mercedes, Fußgänger gucken beim Überqueren der Straße auf die Person im Wageninneren, "sehen, dass ich schwarz bin, dann schauen sie erst auf das Auto und dann auf das Nummernschild. Solche Dinge passieren ziemlich oft." Alexis will in diesem Zusammenhang das Wort Rassismus gar nicht benutzten, spricht von einem "seltsamen Gefühl", das ihn in solchen Situationen beschleiche. Die einzige Erklärung, die er für das Verhalten jener Menschen findet, ist eben doch - seine eigene Hautfarbe.

Dabei ist sich Alexis bewusst, dass er als Basketballstar privilegiert ist, "für viele Leute hier bin ich eine Berühmtheit". Wer ihn erkennt, behandelt ihn zuvorkommend. Seinen Namen als Türöffner einsetzen möchte er allerdings nicht. Als er einst gemeinsam mit dem ehemaligen - schwarzen - Alba-Spieler Kiwane Garris und anderen Freunden an einem Nachtklub abgewiesen wurde, "da bin ich gegangen". Respekt soll ihm als Mensch zuteil werden und nicht als Star, dessen Anwesenheit gut ist fürs Geschäft.

Insgesamt geht es Alexis gut in Deutschland. Seine Söhne Julian (5), Davide (8) und Annell (11) besuchen die John-F.-Kennedy-Schule und "haben überhaupt keine Probleme in Deutschland", sagt Alexis. Die Fans verehren ihn, in Berlin ist er Publikumsliebling. Anfeindungen von den Rängen, wie sie in Fußballstadien durchaus vorkommen, gibt es nicht. Hooligans interessieren sich nicht für Basketball.

Seit 15 Jahren lebt Alexis in Europa, er spielte in Spanien, Italien, Frankreich und Israel, bevor er zu Alba kam. Diese vermeintlich kleinen Dinge im Umgang mit ihm hat er nur in Deutschland erlebt. "Die Italiener sind da sehr empfindlich, die tolerieren so etwas nicht. Die Franzosen sind sehr liberal", sagt Alexis. Die größten Probleme wegen seiner Hautfarbe aber hat er in seiner Heimat. In den USA ist er kein Star, sondern nur ein Schwarzer. "In Kaufhäusern verfolgen mich Mitarbeiter, weil sie denken, dass ich was klauen will." Alexis hat sich zwangsläufig damit arrangiert. Er wuchs im New Yorker Stadtteil Brooklyn auf, Straßengangs und Überfälle gehörten zu seiner Kindheit. Die meisten Nachbarn waren Schwarze oder Hispanics, "aber mit die schlimmste Form von Rassismus ist die zwischen Schwarzen und Schwarzen, zwischen denen mit hellerer und dunklerer Haut", sagt Alexis, dessen Familie aus der Karibik stammt.

"Menschen werden nicht als Rassisten geboren, sie werden dazu erzogen", meint er. Deshalb ist er bei seinen Söhnen rigoros, wenn sie sich über Minderheiten lustig machen. "Ich toleriere keine Witze über Fette."

Helen Ruwald

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