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Sport: Letzte Runde

Der Saisonabschluss auf der Trabrennbahn Karlshorst am Mittwoch könnte ein Abschied für immer werden

Berlin. Es hätte ein großartiges Saisonfinale werden können. Aber auf der Trabrennbahn Karlshorst steht am Mittwoch nicht nur der sportliche Abschluss des Jahres 2003 auf dem Programm. Die wirtschaftliche Situation der 1894 gegründeten Rennpiste ist so dramatisch, dass nun sogar ein Abschied für immer droht.

Die stark besetzten zehn Rennen, die am Mittwoch ab 18.30 Uhr in der Wuhlheide ausgetragen werden, könnten so zu einem traurigen Jahreshöhepunkt werden. Noch einmal werden sich der neunmalige Berliner Sulky-Champion Michael Hönemann und sein Herausforderer Manfred Zwiener ein packendes Duell liefern. 162 zu 160 Saisonsiege lautet der Stand im Kampf um die Vormachtsstellung in der Hauptstadt derzeit für Zwiener.

Dieser Zweikampf ist spannend, spannender aber ist die Zukunftsfrage für die Trabrennbahn. Die Geländeeigentümerin TLG, eine Tochtergesellschaft der ehemaligen Treuhand, will zukünftig keinen Cent mehr für Unterhalt und Pflege der Bahn bezahlen. Ungefähr 150 000 Euro beträgt das Minus pro Jahr. Und der Berliner Trabrenn-Verein, der in der Vergangenheit als Pächter fungierte, wird diese Funktion ab dem 1. Januar 2004 nicht mehr ausüben. Nach den fast täglich wechselnden Taktiken seiner Vorstandsvorgänger, die damit allesamt scheiterten, hat der frisch gewählte Traber-Boss Ulrich Mommert neue Schwerpunkte gesetzt. Sein Hauptziel ist das wirtschaftliche Überleben der Derbybahn in Mariendorf. Der Erhalt der Karlshorster Anlage ist nachrangig.

Wechselnde Planspiele, die in Planlosigkeit enden: Das kennzeichnet die negative Entwicklung der 109 Jahre alten Piste seit mehr als zehn Jahren. Ausgerechnet der Mauerfall erwies sich für die einstige Jagd- und Hindernisbahn als Beginn vom nun drohenden Ende. Mit schlecht besuchten Veranstaltungen unter der Woche gelang es ihr nie, aus dem Schatten der großen Schwester in Mariendorf zu treten. Wenn ausnahmsweise am Wochenende Renntage veranstaltet wurden, war die Bahn sehr gut besucht. So kamen in diesem Sommer jeweils rund 15 000 Zuschauer zum Lichtenberger Familienrenntag und zum Traberfest der Bewegung Integrale, organisiert vom Berliner Behindertensportverband. Doch das waren nur Glanzlichter, die über das Dunkel hinter den Kulissen hinwegtäuschten.

Die Wahrheit sieht anders aus: Über Jahre hinweg tolerierten die Treuhand-Nachfolgerin TLG und der Trabrennverein durch ihr passives Verhalten den stetigen Verfall der Bahn. Von den einst prunkvollen Gebäuden und Stallungen sind nur noch abrissreife Ruinen zurückgeblieben. Zwar wurde von allen Verantwortlichen in regelmäßigen Abständen die Zukunftsvision von Karlshorst als einer der modernsten Pferdesportstätten Europas heraufbeschworen. Doch mit den leeren Kassen ließ auch das Engagement für die Bahn nach. Aus den ehemals von der Geländeeigentümerin versprochenen Millionenbeträgen zur Entwicklung des Pferdesports in der Wuhlheide droht jetzt eine Null-Lösung zu werden.

Ein Ergebnis, mit dem sich viele Seiten nicht kampflos zufrieden geben wollen. Besonders der Bezirk Lichtenberg hält an dem Erhalt der Bahn in der Wuhlheide fest. Doch dafür müssten den Überzeugungen auch Taten folgen. Wenn es durch das Dach regnet, gehen auch die letzten Zuschauer.

Heiko Lingk

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