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Sport: Letzter Galopp

Beim Dortmunder St. Leger reitet Pat Eddery zum letzten Mal

Berlin. Es gibt Tage, da kann man Geschichte an sich vorbeiziehen sehen. Sie reitet förmlich an einem vorbei. So ein Tag war gestern auf der Dortmunder Galopprennbahn Wambel. Doch nicht das traditionsreiche St. Leger selbst ließ die Galoppfans in die glorreiche Vergangenheit blicken, als Moderator Addy Furler in der Sportschau noch ausführlich vom Galopp berichtete und Jockeys wie Lester Piggot, Hein Bollow, Yves Saint-Martin und Pat Eddery auch in Deutschland zu Legenden machte. Es war genau einer dieser legendären Namen, der gestern auf der Startliste beim 119. St. Leger erschien: Pat Eddery, Jahrgang 1952. Mit 4610 gewonnenen Rennen ist der Ire der zweiterfolgreichste Jockey Europas – sogar erfolgreicher als Lester Piggot. Und nun hat Patrick James John Eddery seine Karriere beendet. Beim traditionellen deutschen St. Leger, dem letzten Rennen unter klassischen Bedingungen (Pferde gleichen Alters starten mit gleichem Gewicht) in diesem Jahr.

Im April 1969 hat Eddery in Epsom mit Alvaro sein erstes Rennen gewonnen. Der Sohn des Jockeys James Eddery war bereits 1974 der jüngste Championjockey im Galoppsport-Mutterland England und hat seitdem nahezu alle bedeutenden Rennen gewonnen. Viermal hat er den Prix de l’Arc der Triomphe gewonnen und siegte mehrfach bei wichtigen europäischen Derbys. Und das, obwohl er immer wieder mit sturzbedingten Verletzungen und vor allem mit seinem Gewicht zu kämpfen hatte. Er selbst behauptet, nie Nerven gezeigt zu haben. Schwächen habe er nur zwei: dicke Zigarren und schöne Frauen. Trotzdem konnte er sich fast 35 Jahre an der Weltspitze halten, was er vor allem seiner risikofreudigen Art ein Pferd zu reiten, zu verdanken hat.

In den siebziger und achtziger Jahren gehörte Eddery zu den bestbezahlten Sportlern der Welt. Besonders spektakulär war sein Wechsel nach Saudi Arabien. Prinz Khaled Abdullah kaufte den Iren aus einem Vertrag mit dem Fußballtotomillionär Robert Sangster für eine bis heute unbekannte hohe Summe heraus. Noch heute gehört Eddery zu den besten Jockeys in England. Ein Schock für die Briten war es daher, als der Ire Anfang des Jahres bekannt gab, dass er am Ende der Saison mit dem Reiten aufhören und ins Rennsportmanagement wechseln will. Vor vier Wochen verkündete Eddery dann offiziell, dass er nach dem englischen St. Leger aufhören wolle. Zuvor hatte er sich mit einem überragenden Sieg beim Fürstenberg-Rennen in Baden Baden von seinen deutschen Fans verabschiedet, die ihn seit 1985 nicht mehr zu Gesicht bekommen hatten. Fast als wolle er sich für seine Abstinenz entschuldigen, ließ er sich schon Tage nach seinem letzten Ritt in England zu einer kleinen Tour durch Deutschland überreden. Mitte September kam er zum Euro-Cup nach Frankfurt. Gestern trat er nun zum wohl letzten Mal in Deutschland auf. Doch mit dem favorisierten Discreed Brief reichte es diesmal nicht für einen vorderen Platz.

Ingo Wolff

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