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Sport: Lockerer Hund

Der 19 Jahre alte Rodler Felix Loch wiederholt seinen Weltmeistertriumph und rettet die deutsche WM-Bilanz

Lake Placid - Felix Loch hat die deutschen Rodlern vor einer tiefen Depression bewahrt. Mit seinem zweiten Weltmeistertitel hat der 19-jährige Berchtesgadener seinen Sensationssieg von 2008 noch übertroffen und die deutschen Rodler bei den Titelkämpfen in den USA vor der schwächsten WM-Bilanz seit mehr als 30 Jahren bewahrt. Dagegen erlebten die deutschen Frauen nach 99 Siegen in Serie bei internationalen Großereignissen und Weltcups eine bittere Niederlage und mussten zuschauen, wie Lokalmatadorin Erin Hamlin ihnen die Show und die Goldmedaille stahl.

„Das ist einfach geil, das Gold hier von Lake Placid ist noch ein kleines Stück wertvoller“, sagte Loch. Auch Altmeister Georg Hackl lobte ihn: „Das ist Wahnsinn, wie locker der Hund ist.“ Nach Bahnrekord im ersten Lauf ließ sich Loch auch von einer Aufholjagd von Routinier Armin Zöggeler nicht aus der Ruhe bringen und distanzierte den Ausnahmefahrer aus Italien am Ende um mehr als zwei Zehntelsekunden.

„Das hat niemand von uns erwartet, Felix hat gezeigt, was wirklich in ihm steckt“, sagte Sportdirektor Thomas Schwab vom deutschen Bob- und Schlittenverband (BSD). Nach seinem doppelten Schulter-Bänderriss betrieben, hatte Loch offenbar etwas untertrieben. „Ich bin nur bei 70 Prozent“, hatte er gesagt. Das Projekt Titelverteidigung in der gefürchteten Eisrinne ging er mit Perfektion an. Tagelang beobachtete er in Lake Placid die Wetterprognosen – und hatte auf das plötzliche Tauwetter die beste Antwort. „Eine halbe Stunde vor dem Rennen habe ich entschieden, andere Laufschienen aufzulegen.“

Wie Sieger durften sich auch die Doppelsitzer André Florschütz und Torsten Wustlich trotz Rang zwei fühlen. Nur 77 Tage nach der Bandscheiben-Operation bei Florschütz waren die beiden rechtzeitig zum Saisonhöhepunkt in Form. „Wir sind eben WM-Typen“, sagte Florschütz, der angesichts der fast schon verloren geglaubten Saison dem knapp verpassten vierten WM-Triumph nach 2001, 2005 und 2008 nicht hinterhertrauerte. „Ich war acht Wochen lahm gelegt, aber jetzt bin ich überglücklich.“

Bei den Frauen aber feierte nur die Überraschungssiegerin Erin Hamlin bis tief in die Nacht ihren WM-Coup, bei den deutschen Frauen war nur Klagen angesagt. „Das ist für mich die bitterste Niederlage meiner Karriere. Ich bin einfach Grütze gefahren“, sagte die entthronte Titelverteidigerin Tatjana Hüfner. Sie landete lediglich auf Platz sechs. „Auch ein, zwei Bierchen haben nicht geholfen. Meine Enttäuschung ist immer noch groß“, sagte sie.

Die Seriensiegerin musste in Lake Placid den angestrebten Titel-Hattrick nach 2007 und 2008 aufgeben. „Ich begehe aber keinen Selbstmord“, sagte sie, „aus Niederlagen lernt man am meisten.“ Angesichts des jähen Endes des seit 1995 andauernden WM-Siegeszugs der deutschen Frauen ging Rang zwei für Natalie Geisenberger fast unter. „Meine Medaille hat einen faden Beigeschmack. Das ist ein kleiner Schock für uns“, sagte die 21-Jährige, „wir hatten uns erhofft, dass wenigstens eine von uns top runter kommt.“ Nach der historischen Pleite richteten die Frauen trotzig nach vorne: Tatjana Hüfner sagte: „Lieber jetzt so eine Niederlage als bei Olympia.“ dpa

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