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LONDONS SHOW zur Eröffnung: 70 Schafe und eine Million Watt

Gerüchte, Indiskretionen, Missinformationen? Seit Wochen wird über die Geheimnisse der olympischen Eröffnungsfeier am Freitag spekuliert.

Gerüchte, Indiskretionen, Missinformationen? Seit Wochen wird über die Geheimnisse der olympischen Eröffnungsfeier am Freitag spekuliert. Nach der ersten öffentlichen Generalprobe am Montagabend twitterten Teilnehmer aus dem Stadion: Wunderbar. Danny Boyle hat es geschafft. Großbritannien in 60 Minuten.

Im Stadion hingen bei dieser ersten Probe überall Schilder mit dem Aufruf: „Let’s save the surprise“– rettet die Überraschung. Filmemacher Danny Boyle, für die Traumrolle als Regisseur der größten Show des Jahres ausgewählt, hat Twitter- und Facebook-Gruppen eingerichtet und sich bei über 10 000 Mitwirkenden dafür entschuldigt, dass die Medien die Jagdsaison auf die Geheimnisse der Show eröffnet hätten. Aber Zehntausende nehmen an den Generalproben im Stadion teil. Da ist Geheimhaltung nicht so einfach.

Ein Puzzle an Detailinformationen, aber niemand sollte versuchen, das Gesamtbild dessen zusammenzufügen, was am Freitagabend auf mindestens eine Milliarde TV-Zuschauer losgelassen wird. Wir wissen, dass für eine Szene 24 750 Kostümknöpfe angenäht werden mussten. 15 000 Darsteller haben geprobt, dazu 1600 Kinder aus den ans Olympiastadion angrenzenden Stadtvierteln. 70 Schafe, zwölf Pferde, zehn Hühner, neun Gänse, drei Kühe und zwei Ziegen sind im Einsatz. Tierschützern wurde hoch und heilig versprochen, dass die Tiere wieder in den Ställen sind, bevor es richtig losgeht und die eine Million Watt aus 50 Tonnen schweren Beschallungsanlagen losgelassen werden.

Die Show beginnt erst um 21 Uhr Ortszeit und muss spätestens eine halbe Stunde nach Mitternacht enden. In Deutschland wird es dann schon 1.30 Uhr morgens sein. Wenn die Athleten des Gastgeberlandes als letzte Olympiamannschaft um halb zwölf ins Stadion einmarschieren, sollten die Wettkämpfer eigentlich schon im Bett sein. Ein Grund für den späten Beginn: es muss dunkel sein, wenn Feuerwerke und Lichteffekte wirken sollen. Aber vor allem bestehen die TV-Sender in den USA, die größten Geldgeber, darauf, dass die Live-Übertragung in ihre Hauptsendezeit fällt.

„Ich hoffe schon, dass es ein paar sensationelle Momente gibt“, sagt Boyle, weist aber Vergleiche mit der Pekinger Eröffnungsfeier von 2008 und ihren Massentrommlern und fahnenschwingenden Kindern zurück. „Peking war die Mutter aller Eröffnungszeremonien, das zu übertreffen werden wir erst gar nicht versuchen. Wir müssen es jetzt eben mit etwas ganz Neuem versuchen.“ Die Rhythmen werden dieses Mal von dem Dance Music Duo Underworld eingepaukt, mit dem Boyle schon in seinem ersten Hitfilm „Train Spotting“ zusammenarbeitete. Als Boyle und sein Team im Juni als Kostprobe das Modell des ersten Bühnenbild vorstellte, waren die Engländer entsetzt. Das Stadion wird in eine riesige Weidelandschaft verwandelt, mit echtem Gras und Eichenbaum, Cricketspielern, Tanz um den Maibaum und Familien beim Picknick. „Wo bleiben die Fabrikfarmen und die Jagdsaboteure?“, schrieben Zeitungen sarkastisch über das Idyll, das der Wirklichkeit nicht mehr entspricht. Oder hat Boyle eine falsche Fährte gelegt? Man munkelt, dass auch die Industrialisierung, die Fabrikschlote, die Arbeitermassen eine Rolle spielen werden.

Boyle hat der Schau den Titel „Isles of Wonder“ gegeben, angeblich nach einem Caliban Monolog in Shakespeares Theaterstück „Der Sturm“.

Einen Sturm der Begeisterung erhofft sich auch Olympiaminister Jeremy Hunt, der vor ein paar Monaten noch schnell eine Verdopplung des Etats für Eröffnung- und Abschlussfeier durchsetzte. Insgesamt wird das Spektakel nun 27 Millionen Pfund kosten. Matthias Thibaut, London

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